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1. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 99

1912 - Essen Berlin : Bachmann Baedeker
Gottlob Nathustus. 99 so wagte er es, sich um den Posten eines Buchhalters in der damals berühmten Sengewaldschen Handlung in Magdeburg zu bewerben. Die Antwort auf sein Gesuch war über Erwarten günstig; voll Freude entdeckte er dem Prinzipal seine Aussichten und bat um seine Entlassung. Der Kaufmann aber fuhr ihn ob dieser Vermessenheit hart an. Bei Sengewald würden Kenntnisse verlangt, sagte er, von denen der junge Handlungsdiener keine Ahnung habe, z. B. die doppelte Buchführung. Als nun Nathnsius erwiderte, daß er diese bereits verstehe und zum Beweise seine Hefte vorlegte, meinte der Prinzipal, das habe er aus Büchern abgeschrieben. „Ich bin in der Handlung grau geworden," fuhr er gutmütig fort, „und habe es bei aller Mühe nicht dahin bringen können, die italienische Buchführung zu begreifen. Lasse Er den Dünkel fahren und bleibe Er bei mir; ich will Ihm auch sein Gehalt erhöhen!" Allein Nathnsius wollte seinen Vorsatz nicht aufgeben. „Gut," sagte endlich der Prinzipal, „versuche Er sein Heil! Ich will Seine Stelle vier Wochen offen halten; geht's dort nicht, so will ich Ihn wieder so aufnehmen, als ob nichts zwischen uns vorgefallen wäre." Nathnsius war durch die Güte seines alten Lehrherrn gerührt. Er wurde zweifelhaft, ob er so leistungsfähig sei, wie er glaubte, und ließ sich deshalb von dem Buchhalter eines Bankdirektors prüfen. Der alte Herr betrachtete mit- leidig Gottlobs Hefte und meinte ebenfalls, das seien wohl Abschriften aus Büchern. Auf die Versicherung, daß es eigene Entwürfe seien, überzeugte er sich von der außerordentli-chen Tüchtigkeit des jungen Handlnngsdieners, stellte ihm das vorteilhafteste Zeugnis aus und machte ihm den Vorschlag, in die Bank einzutreten. Eine Stelle bei der Bank, das war von jeher das Ziel seiner Wünsche gewesen; dennoch schien es dem schüchternen Nathnsius geraten, sich vorderhand in dem Magdeburger Handelshausc praktisch auszubilden, um vielleicht später von dort aus in eine so wichtige Stellung berufen zu werden. Begleitet von den Segenswünschen seines Lehrherrn verließ nun der junge Kaufmann Berlin. Später versuchte ihn sein früherer Brotherr, der kinderlos war, noch einmal an sich zu fesseln. Er wollte ihn zu seinem Teilhaber machen und als Erben einsetzen; Nathnsius lehnte jedoch dieses ehrende Anerbieten mit aufrichtigem Danke ab. 2. Wer in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts durch die Altmark reiste, dem siel in der Nähe des Klosters Althaldensleben eine neue, ausgedehnte Ansiedlung auf, an deren Stelle vorher ein kleines, armseliges Dorf gestanden hatte. Die Bewirtschaftung der Ländereien war musterhaft: großartige Gärten und Gewächshäuser waren angelegt, Obstbäume gepflanzt; Brauereien, Brennereien und Mühlen waren erstanden; Steingut- und Porzellanfabriken und eine Rübenzuckerfabrik waren gegründet, und inmitten dieser Schöpfungen waltete der alte Nathnsius, der sich hier eine beglückende Häuslichkeit ge- gründet hatte. Schon kurze Zeit nachdem der junge Handlungsdiener in das Sengewaldsche Geschäft eingetreten war, ruhte dessen Leitung fast gänzlich in seinen Händen. Sengewald starb unvermutet; in seinem Testament hatte er bestimmt, daß das Geschäft nur unter der Bedingung fortgeführt werden sollte, daß Nathnsius Teilnehmer werde. Dieser vermehrte nicht nur das Ansehen des Handelshauses durch rastlose, gewandte Tätigkeit, sondern rief auch jene Schöpfungen ins Leben, welche Fremde aus vielen Ländern zu ihrer Belehrung aufsuchten. In dem gastlichen Hause des freundlichen Besitzers fanden sie herzliche Aufnahme. Der ehemalige Krämerlehrling leitete diese kleine Welt mit scharfem Auge und kräftiger Hand. Jeden einzelnen Geschäftszweig stellte er unter die 7*
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