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1. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 104

1912 - Essen Berlin : Bachmann Baedeker
104 Das Reisen in der „guten, alten" Zeit. Fürsten, und der Kurfürst-Erzbischof von Mainz beeilte sich, seinen Kollegen einzuladen, in dem Eltviller Schlosse „Herberge zu nehmen". Über dem Hm- und verschreiben war das Frühjahr s58h gekommen. Endlich setzte sich der Kurfürst in Bewegung, reiste wacker daraus los und brauchte dennoch s8 Tage, um von Dresden nach Eltville zu gelangen. Er nahm Weib und Kind mit, und sein Gefolge bildete einen langen Zug von Rossen und Reisigen, für die immer schon mehrere Tage vorher „das Nacht- lager verordnet werden und wegen der Geleitung und Ausrichtung Anord- nung geschehen" mußte. Zm ganzen waren es 20h Pferde und Leibpferde. Nun mache man sich ein Bild davon, wie sich das alles in den bodenlosen Hohlwegen der damaligen Zeit abgezappelt haben mag! Am 5. September J86^ entschloß sich die Kaiserin Eugenie von Frank- reich, nach Schwalbach zu reisen, und am 7. September Nachmittags um 3 Uhr war sie da. Sie reiste mit zwei Begleitern, zwei Hofdamen, einer Vorleserin, einigen Dienern und sechs Pferden. Der fürstliche Kurgast mußte sich hinter wall und Graben decken, obgleich er innerhalb der Grenzen des deutschen Landes blieb; die Kaiserin der Franzosen hieß die ihr zur Verfügung gestellten Sicherheitswächter eiligst heimgehen. Sie wohnte in einem Privathause, das alle Bequemlichkeit, aber keine Befestigung bot. Sie genoß keinen Schutz als den ihrer Anmut und würde, keine Sicherheit als die, welche die Ehre des deutschen Volkes gewährleistete. Aber dieser Schuh war mächtiger, als der des wohlbefestigten Turmes von Eltville, in welchem nun die Gattin des nastauischen Amtmanns ihre Pflaumen dörrt, in dem- selben Raume, welcher ehedem das Prunkgemach eines der mächtigsten Fürsten des heiligen römischen Reiches abgegeben hatte. 2. Um die Witte des J6. Jahrhunderts kamen die aus dem worgen- lande stammenden Kutschen nach Deutschland; aber bis ins \7. Jahr- hundert machte man die Reisen fast ausschließlich zu Pferde. Noch im s8. Jahrhundert war die kleinste Reise ein Unternehmen, welches die umständlichsten Vorbereitungen erforderte, und wobei oft Leib und Leben oder wenigstens die gesunden Gliedmaßen auf dem Spiele standen. Bei anhaltend schlechter Witterung waren die Wege meist unbrauchbar, besonders für Frachtfuhrwerk, Hatte sich der Reisende dennoch durch alle Hemmnisse und Gefahren einer Tagereise durchgearbeitet, so wartete seiner in der Herberge nur karge Erholung, oft verbittert durch die Rücksichts- losigkeit der Witreisenden und die Ungeschliffenheit des Wirts, der seine Gäste als eine ihm auf Gnade und Ungnade verfallene Beute betrachtete. Zm Spätherbst \7\2 machte ein Bürger von Schwäbisch-Gmünd eine Reise nach dem etwa 8 poststunden entfernten Ellwangen. Er war ein wohl- habender wann und ließ daher am Sonntag vor seiner Abreise „für glück- liche Erledigung vorhabender Reise" eine Wesse lesen. Am wontag machte er sich mit seiner Frau und deren Wagd auf den weg. Er bediente sich eines zweispännigen „Planwägelchens". Noch bevor er eine Wegstunde zurückgelegt hatte, blieb das Fuhrwerk im Kot stecken, so daß die ganze Gesellschaft aussteigen und, bis übers Knie im Schmutz watend, den wagen vorwärts schieben mußte. Witten in einem Dorfe fuhr der Knecht mit dem linken Vorderrad unversehentlich in eine Pfütze, so daß „die Frau Eheliebste sich Nase und Backen an den planreifen jämmerlich zerschuud". Nachher mußte man Vorspann nehmen und kam doch erst nach 6 Stunden in dem nächsten Orte an, wo übernachtet wurde. Am andern worgen brachen die
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