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1. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 162

1912 - Essen Berlin : Bachmann Baedeker
162 ñon der Buchführung. Brot lieferte, 3 Kannen Bier holen, so schickte er dem Wirt sein Kerbholz mit. Der Schankwirt langte das Kerbholz des Bäckermeisters vom Nagel herunter, legte beide Hölzer genau aufeinander und feilte 3 Striche hinein. In derselben Weise verfuhr der Bäckermeister, wenn der Wirt bei ihm Brote holen ließ. Wenn nun die beiden Nachbarn miteinander Abrechnung hielten, so wurden die eingefeilten Kerben weggeschnitten, und dann konnte man auf den Hölzern von neuem Kerben einfeilen." „Aber, lieber Herr," fiel mir der Bäckermeister ein wenig entrüstet in die Rede, „auch wir Handwerker sind doch in der Bildung ein wenig weiter gekommen. Sie werden doch nicht etwa glauben, daß ich mir nicht auf- schreibe, wieviel Säcke Mehl ich beziehe und was sie kosten, wieviel Lohn ich meinen Gesellen auszahle, wer mir etwas schuldet und wieviel u. s. f. Das trage ich Tag für Tag hintereinander in ein dickes Heft ein, und so wird's doch wohl ausreichen!" — „Wie man's nimmt, Meister," entgegnete ich, „wir wollen nur einige Punkte herausgreifen. Reicht dieses „Aufschreiben, wie es gerade kommt," vielleicht dazu aus, daß Sie jederzeit angeben können, wieviel Geld in der Kasse vorhanden sein muß? Reicht es dazu aus, daß Sie in jedem Augenblick zu sagen wissen, wieviel Ihnen dieser oder jener Kunde schuldet, oder welche Summe Sie Ihren Lieferanten schuldig sind? Reicht es dazu aus, daß Sie in kurzer Frist im stände sind, einen Nachweis über Ihr Vermögen aufzustellen? Wenn alles das nun gar mit einem Male von Ihnen — vielleicht auch von den Ihrigen — verlangt würde, w i e würden Sie Ihr Verzeichnis durchsuchen müssen, w i e würden Sie hin-. und herblättern, um die einzelnen Posten herauszuschreiben, und wenn Sie sich dann endlich seufzend den Schweiß von der Stirne wischten, hätten Sie dann auch das Gefühl der Sicherheit, daß Sie sich nicht geirrt haben?" — „Sie haben wirklich recht," versetzte der biedere Schneidermeister, „so würde es uns wohl allen ergehen; aber kann denn die Buchführung über solche Mühseligkeiten hinweghelfen?" — „Ei freilich," lautete meine Antwort, „das will ich jetzt auseinandersetzen. — Das Aufschreibebuch des Bäckermeisters will ich beileibe nicht in den Winkel werfen; es ist sogar unentbehrlich; jeder Kaufmann hat es im Gebrauch und nennt es „Journal" oder „Tagebuch." Daraus macht er jeden Abend oder von Zeit zu Zeit zwei wichtige Auszüge, welche er in besondere Bücher einträgt. Alles, was er eingenommen oder ausgegeben hat, überträgt er auf zwei gegenüberstehenden Seiten in das Kassabuch; die Summen aber, welche ihm seine Kunden schulden oder die er ihnen schuldig ist, schreibt er ebenso in das Hauptbuch. Im Kassabuch macht er monatlich einen Abschluß der Einnahmen und Ausgaben; im Hauptbuch stellt er gewöhnlich am Ende des Jahres Forderungen und Schulden einander gegenüber. Ferner stellt er am Jahresschluß sein Ver- mögen an Haus, Waren, Forderungen usw. übersichtlich zusammen — das nennt er die Aktiva — und dann rechnet er die Schulden aus, die auf ihm lasten — das sind die Passiva —; die gesamte Aufstellung aber nennt er Inventur." „Wir sind aber doch keine Kaufleute!" platzte jetzt der Schmiedemeister dazwischen, „was soll uns also dieses papierene Rechnen nutzen! Und wer kann denn z. B. verlangen, daß ich auf Knall und Fall angebe, wieviel Geld in meiner Kasse liegt? - Das geht doch mich ganz allein etwas an!" — „Gemach, Meister Schmied," entgegnete ich, „wie mancher Handwerksmeister muß auch als feiner Geschäftsmann die Kunden bedienen; er soll nach jedermanns Ge-
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