1912 -
Essen Berlin
: Bachmann Baedeker
- Hrsg.: ,, Heinecke, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Physikalische und chemische Eigenschaften des Eisens. 229
Retorten, sondern in eigens zu diesem Zwecke eingerichteten Öfen vorgenommen
wird. So ist z. B. in der Provinz Sachsen durch die dort häufig vorkommenden
Braunkohlen, welche weniger zur Gaserzeugung, wohl aber zur Herstellung
von Teer geeignet sind, ein großartige Teerindustrie entstanden.
Der Begründer der neueren Chemie ist Justus von Liebig geb. 1803
in Darmstadt, f 1873 in München. Ende des 18. und Anfang des 19. Jahr-
hunderts begründeten französische Forscher (Lavoisier und Gay-Lussac) die
Chemie wissenschaftlich, während an den deutschen Universitäten kein Lehr-
stuhl für dieses Fach bestand. Liebig saß zu den Füßen dieser Meister und
zog 1824 als Professor der Chemie in Gießen ein. Die Auffindung des
Chloroform, die Herstellung von Fleischextrakt u. a. sind sein Verdienst.
Der Landwirtschaft hat er unschätzbare Dienste erwiesen durch seine wissen-
schaftlich begründete- Düngweise. Durch seine „Chemischen Briefe“ suchte
er die Aufmerksamkeit der Gebildeten auf die Bedeutung der Chemie zu
lenken. In Anerkennung seiner Verdienste erhob ihn der König von Bayern
in den erblichen Adelstand. Nach Justus v. Liebig u. dem „Buch der Erfindungen“.
*104. Physikalische und chemische Eigenschaften des Eisens,
i.
Die Metalle spielen eine hervorragende Rolle in der Entwickelung der
menschlichen Kultur. Ein gutes Schwert ist doch ein ganz anderes Ding
als ein Steinbeil, nicht bloß hart und scharf, sondern auch elastisch und fest.
Man bemißt den Wert eines Metalls hauptsächlich nach der Festigkeit, und
da das Eisen Zug- und Druckkräften den größten Widerstand entgegensetzt,
so ist es schon aus diesem Grunde das wichtigste Metall. Seine Fes tigkeit
mißt man, indem man an einen fingerdicken Stab Gewichte hängt und sie
so lange vermehrt, bis der Stab an irgend einer Stelle abreißt. Ein Stab,
der z. B. einer Eisenbahnschiene entnommen ist, muß auf je ein Quadrat-
millimeter seines Querschnitts 50 kg tragen können. Ein gleich starker Holz-
stab würde schon bei einem Sechstel dieser Belastung abreißen.
Bei einem Zerreißversuch zeigen sich noch zwei andere wichtige Eigen-
schaften des Eisens, die Elastizität und die Zähigkeit. Wirkt eine
Zugkraft an einem Eisen stabe, so verlängert er sich um ein Geringes, erhält
aber nach Wegfall der Zugkraft allmählich wieder seine frühere Länge.
Freilich beträgt der elastische Spielraum höchstens 1/soo der Länge des Stabes.
Sobald die Zugkraft eine gewisse Grenze überschreitet, kommt eine eigentüm-
liche Verschiebung in die kleinsten Stoffteilchen; es tritt eine beträchtliche,
dauernde Streckung ein, welche mit stärkerer Belastung schnell wächst. Diese
bei Metallen sich zeigende starke Dehnung jenseits der Elastizitätsgrenze gibt
den Grad ihrer Zähigkeit an. Kurz vor dem Abreißen beobachtet man
namentlich beim weichen Eisen und Stahl eine mehr oder minder bedeutende
Einschnürung des Stabes an der Bruchstelle.
Die geschilderte Prüfungsart könnte man für einseitig halten, da im