1912 -
Essen Berlin
: Bachmann Baedeker
- Hrsg.: ,, Heinecke, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Die Erwerbung und Bedeutung der deutschen Kolonieen.
*128. Die Erwerbung und Bedeutung der deutschen Kolonleen.
1. Dem Gründer des neuen Deutschen Reiches war es vorbehalten, Deutsch-
land auch in die Reihe der Kolonialmächte zu stellen. Zwar hatte schon
sein Vorfahr, der Große Kurfürst, 200 Jahre früher die „brandenburgisch-
afrikanische Kompanie" gebildet, mit drei Häuptlingen an der Küste von Guinea
Handelsverträge geschlossen und die Feste Groß-Friedrichsburg angelegt; allein
die brandenburgische Niederlassung hatte beständig unter dem Neide der Nachbarn
zu leiden, und deshalb überließ sie der haushälterische König Friedrich Wilhelm I.
für 6000 Dukaten der „holländisch-westindischen Kompanie". Mit der Auf-
richtung des neuen Reiches wuchs aber die Kraft und das Selbstvertrauen des
deutschen Volkes, und die deutsche Industrie und der deutsche Handel suchten
sich neue Absatzgebiete zu erschließen. Mit weitschauendem Blick hatte König
Wilhelm I. mit der Gründung einer Flotte bereits einen Anfang gemacht (s. Nr. 193).
Jetzt wurde der „schwarze Erdteil" das Hauptziel deutschen Wagens. Schon
hatte das Bremer Handelshaus Lüderitz in Süd west-Afrika von Häuptlingen
ein Gebiet von 550 qkm gekauft. Sofort erschien ein englisches Kriegsschiff, H
um Einspruch zu erheben, wurde jedoch durch das deutsche Schiff „Karola"
eines andern belehrt. Der Handelsherr Lüderitz kaufte nun von den einge.
borenen Häuptlingen den ganzen Küstenstrich vom Oranjefluß bis zum 26. Breiten-
grad in einer Ausdehnung von 150 km nach dem Innern hin, und 1884
erklärte der deutsche Konsul in der Kapstadt, daß Lüderitz' Niederlassungen unter
dem Schutze des Deutschen Reiches ständen. Da aber diese Unternehmungen
inzwischen über des Kaufherrn Kräfte hinausgewachsen waren, so trat er sein
Gebiet an die „deutsche Kolonialgesellschaft für Südwestasrika" ab, welche die
Hoheitsrechte dem Deutschen Reiche überließ, das nun für die große Kolonie
einen Gouverneur bestellte. — In ähnlicher Weise spielte sich die Erwerbung
von Togo und Kamerun ab, wo die Handelshäuser Woermann und Jantzen
Pioniere deutscher Kultur wurden. — Besonders hoffnungsvolle Aussichten
eröffneten sich in Ostafrika. Hier schloß 1884 der bekannte Afrikareisende
vr. Karl Peters im Aufträge der „Gesellschaft für deutsche Kolonisten"
Schutzverträge; im folgenden Jahre wurde der „deutsch-ostafrikanischen Gesell-
schaft" ein kaiserlicher Schutzbrief erteilt, und nun legte sie an der Küste
Stationen an, unter welchen der an einem sehr günstigen Hafen gelegene Ort
Dar es Sallm (Hafen des Friedens) am wichtigsten ist. Nach solchen Erfolgen
wagte Deutschland in der Südsee mit England in Wettbewerb zu treten, so daß
sich letzteres eine Teilung der Osthälfte der Insel Neu-Guinea gefallen lassen
mußte. Der nördliche, Deutschland zufallende Teil, erhielt den Namen Kaiser-
Wilhelm-Land, und die vorgelagerte Inselgruppe wurde Bismarck-
Archipel genannt. Außerdem wurden die Marsch all- und Salomons-
inseln von den Deutschen in Besitz genommen.