1899 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Windmöller, Friedrich, Schürmann, Franz
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1897
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Kohlensäuregehalt der Luft im Freien beträgt Vmooo/- die Zimmerluft ist
unbehaglich, wenn sie zu mehr als 1/1000 ihrer Masse Kohlensäuregehalt
enthält. — Sauerstoff ist Lebenslust, Kohlensäure Leben ertötende Luft. —
- Wenn wir nun wissen, daß die Luft im Freien gesunder ist, als die
innerhalb unserer Wohnungen, so folgt daraus die Notwendigkeit, zunächst
uns so oiel als möglich im Freien aufzuhalten, dann aber, weil wir -
einmal die Stuben nicht entbehren können, die Luft in den letzteren der
freien Luft möglichst gleich zu machen. Die Mittel, die Luft der Stuben
möglichst rein und frisch zu erhalten, sind aber:
1. daß nicht zu viele Menschen darin verweilen,
2. daß für kräftigen Luftwechsel gesorgt wird,
3. daß die größte Reinlichkeit herrscht.
Sehr häufig wird der Fehler gemacht, daß die kleinsten Stuben
der Wohnung als Schlafstuben benutzt werden. Gerade während der
Nacht halten wir uns am längsten und ausdauerndsten in demselben Zimmer-
auf und werden deshalb auch am meisten von der Stubeuluft der Schlaf-
stube beeinflußt. Räume, die nur kurz vorübergehender Benutzung dienen,
dürfen klein fein, aber das Schlafzimmer muß vor allem große Lufträume
bieten, je größer, desto besser. In vielen Wohnungen findet man das
beste Zimmer als sogenannte Putzstube gewöhnlich abgeschlossen und die
gesamte Familie in engen Räumen zusammengedrängt. Welches ist aber
ein schönerer Schmuck; blühende, gesunde Menschen in der Familie, oder
eine sauber geordnete Putzstube? Aber alle Größe der Zimmer ist nicht
ausreichend ohne Lüftung. Tritt man früh morgens in eine noch nicht
gelüftete Schlafstube, in welcher auch nur ein einziger Mensch genächtigt
hat, so ist die Luft beinahe unerträglich. Gesetzt, es fände gar keine
Lufterneuerung statt, so verdirbt ein einziger Mensch durch seinen Atem
und seine Ausdünstung in einer einzigen Stunde einen Raum von 20 bis
30 Kubikmeter und läßt nach den 8 Stunden der Schlafenszeit selbst in
einem Saale von 160 bis 240 Kubikmeter Inhalt noch die Kennzeichen
verunreinigter Luft zurück. Glücklicherweise vollzieht sich nun etwas Lüftung,
etwas Luftaustausch auch ohne nufer Zuthun in unseren Wohnungen
unaufhörlich von selbst durch die Fugen und Spalten in Fenstern und
Thüren, ja selbst durch die gesamten Wände, wie sich dies durch Versuche
nachweisen läßt. Wenn nicht auf diese Weise die Natur für den Zutritt
der frischen Luft in den Wohnungen sorgte, würden noch mehr trübe Er-
scheinungen durch die Luftverschlechterung herbeigeführt werden. Ein weiterer
natürlicher Luftwechsel hängt mit der Ofenheizung zusammen. Die Ofen-
heizung wirkt in doppelter Richtung für die Lüftung und ist ein kräftiges
Mittel der Lufterneuerung in unseren Wohnungen. Einerseits führt
sie Tenlperaturunterschiede herbei, welche scholl für sich den natürlichen
Luftwechsel fördern, andererseits entfernt sie verbrauchte Stubenluft nach
denl Schorstein, indem sie damit ebenfalls ein vermehrtes Einströmen
äußerer Luftmassen verursacht. Die einfachste Lüftungsart ist das Öffnen
des Fensters, und dies kann bei rnilder Witterung, bei Nacht, lvie bei
Tage, nicht zu viel geschehen.
Als dritte und zugleich wichtigste Bedingung für Reinhaltung der
Luft muß die Reinlichkeit betont werden. Ja! Reinlichkeit in der
Wohnung, aber ilicht eine Reinlichkeit, wo allzuviel Wasser verbraucht.