1899 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Windmöller, Friedrich, Schürmann, Franz
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1897
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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sondern nur wenn von den zur Zugehörigkeit zur Innung verpflichteten
Mitglieder V- die Schließung der Innung beantragt und 3/4 in der
Jnnungsversammlung diesem Antrage zustimmen
3. Die Handwerkskammern. Über den Innungen stehen die
Handwerkskammern.
Ihre Aufgabe besteht in erster Linie darin, die Gesamtinteressen
des Handwerks und die Interessen der in ihrem Bezirke vorhandenen
Handwerker bei Fragen der Gesetzgebung und der Staatsverwaltung zu
vertreten. Außerdem liegt ihnen ob, nähere Vorschriften über das Lehr-
lingswesen zu erlassen und ihre Durchführung zu überwachen, Prüfungs-
ausschüsse zu bilden und solche Veranstaltungen zur Ausbildung der Hand-
werker zu treffen, p deren Begründung und Unterhaltung die Kraft der
Innungen und Handwerkervereine nicht ausreicht. Die Innungen und
Jnnungsausschüsse find verpflichtet, den Anordnungen der Handwerks-
kammern Folge zu leisten. Zuwiderhandlungen gegen die von ihr erlassenen
Vorschriften kann die Handwerkskammer mit Geldstrafen bis zu 20 Mark
bedrohen.
Die Bildung von Handwerkskammern hängt nicht von dem Belieben
der Handwerker ab, sie ist vielmehr allgemein durch Gesetz vorgeschrieben,
so daß jeder Ort dem Bezirk einer Handwerkskammer angehört, jeder
Handwerker einer Handwerkskammer untersteht. Ihre Mitglieder werden
aber nicht von allen Handwerkern, sondern von den Innungen und den
Vereinen gewählt, welche die Förderung der gewerblichen Interessen des
Handwerks verfolgen und mindestens zur Hälfte aus Handwerkern bestehen.
Handwerker, die an den Wahlen zur Handwerkskammer teilnehmen wollen,
müssen Idaher einer Innung oder einem der gedachten Vereine beitreten.
Wie bei den Innungen, so wird auch bei den Handwerkskammern
ein Gesellenausschuß gebildet, der von den Gesellenausschüssen der Innungen
gewählt wird., Ihm gebührt die Mitwirkung bei Erlaß von Vorschriften
über das Lehrlingswesen, bei den Angelegenheiten, welche die Verhältnisse
der Gesellen und Lehrlinge betreffen, sowie bei der Entscheidung über
Beanstandungen von Beschlüssen der Prüfungsausschüsse.
Die Aufsicht über die Handwerkskammer führt der Regierungspräsident.
Die aus der Errichtung und Thätigkeit der Handwerkskammer
erwachsenden Kosten werden von den Gemeinden getragen, welche sie aber
auf die einzelnen Handwerksbetriebe umlegen können. Der Handels-
minister kann übrigens bestimmen, daß diese Kosten an Stelle der
Gemeinden von weiteren Kommunalverbünden zu tragen sind.
Die Handwerkskammern sind hiernach mit sehr weitgehenden Befug-
nissen ausgestattet, die ihnen ermöglichen, die Ausbildung der Handwerker
und namentlich der Lehrlinge wirksani zu fördern und die Maßregeln
der Gesetzgebung und Verwaltung, welche das Handwerk berühren, zu
beeinsinssen. Letzterer Einfluß ist ihnen dadurch gesichert, daß ihre An-
hörung bei allen wichtigen, die Gesamtinteressen des Handwerks oder die
Interessen einzelner Zweige desselben berührenden Angelegenheiten nicht
in das Belieben der Behörden gestellt, sondern gesetzlich vorgeschrieben ist.