1906 -
München
: Oldenbourg
- Hrsg.: Lehrerinnen-Verein München
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mädchenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Feiertagsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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130. Die Linde.
8. Rote Blitze
Zucken hin und zucken wieder,
Leuchten über Wald und Flur,
Bange harrt die Kreatur;
Donnerschläge stürzen nieder.
9. Gut Gewissen,
Wer es hat und wer's bewachet,
In den Blitz vom Weltgericht
Schaut er und erbebet nicht,
Wenn der Grund der Erde kracht. Joh. Peter Hebel.
130. Aie -Linde.
Von den Bäumen, die dem heimischen Boden Schatten geben, ist
die Linde einer der schönsten. In dem Umfang ihres aufstrebenden
Stammes und in der Höhe kaum hinter der Eiche zurückbleibend, über-
trifft sie dieselbe in dem Reichtum ihrer Verüstung und Verzweigung
und durch die Fülle ihrer blätterdichten, weiten Krone.
In der Ehre, welche ein hohes Alter gewährt, wird sie von keinem
andern deutschen Baume Übertrossen. Man gibt ihr eine Lebensdauer
von 800 bis 1000 Jahren. Der großen Linde bei Neustadt im König-
reich Württemberg geschieht urkundlich schon in den Jahren 1229 und
1408 Erwähnung. Vieler Männer Arme umspannen sie nicht und mehr
als 100 steinerne Säulen sind hingestellt um die Äste, die sie rings weit
ausstreckt, zu stützen. Bei dem Schützenhause zu Zofingen, auf dem
Wege von Basel nach Luzern, stehen stattliche Linden, deren Äste zwei
Tanzsäle tragen, auf welchen sich die Jugend unter dem grünen Zelt
ihres Lebens freut.
Die Linde ist durch ganz Deutschland und die Schweiz, soweit man
dort die deutsche Zunge hört, reichlich verbreitet, im Süden und Westen
vorherrschend die breitblättrige, im Osten und Norden mehr die klein-
blättrige, beide Arten gleich an Größe und Umfang, mit saftgrünen, herz-
förmigen Blättern, jene heller, diese dunkler, jene mit früheren, diese mit
späteren Blüten. Als Waldbestand, der größere Flächen bedeckte, wird
sie selten angetroffen. Man könnte sich der Vorstellung hingeben, sie
liebe und suche, gleich manchen Tieren, die Nähe des Menschen und sie
begleite ihn gerne zu den Stätten seiner Ruhe und Tätigkeit. Man sieht
sie vor dem Hause des Pfarrers, des Amtmanns, des Schulzen und neben
der Ruhebank vor der Türe des Schenkwirts, auf den Hauptplätzen und