1906 -
München
: Oldenbourg
- Hrsg.: Lehrerinnen-Verein München
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mädchenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Feiertagsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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166. Deutsche Weihnachtsbräuche.
wehen uns noch immer heilige Schauer. An seinem nördlichen Ende
liegt mit ihren hohen Wällen die Burg mit dem Eingänge, wo das Bild
der Göttin verehrt ward. Sie ist jetzt mit Binsen bewachsen. Umgestürzte
Altäre und Opfersteine erinnern an frühere Zeiten, wo den Germanen das
Evangelium Jesu Christi noch nicht verkündet war. Friedr. Henning.
166. Deutsche Weihnachtsbräuche.
Als das Christentum unseren Vorfahren gepredigt und mit ihm
auch die Feier des Weihnachtsfestes ihnen gebracht wurde, feierten dieselben
bereits ein Fest, das in dieselbe Zeit siel wie das Weihnachtsfest und
das auch, zwar nicht dieselbe, doch eine ähnliche Bedeutung hatte. War
nämlich das christliche Weihnachtsfest ein Fest der Erinnerung an das
Licht, an das neue Leben, das mit dem Heiland der Welt anfing, so
war jenes heidnische Fest ein Fest der Freude darüber, daß nun (mit
dem 21. Dez.) die Erde den schlimmsten Tag des Winters hinter sich
hatte und einer Zeit entgegenging, in der die Sonne immer höher und
höher stieg, einer Zeit, die den Frühling mit seinem wärmenden Strahle
und mit seinem grünen Kleide wieder zurückbrachte. Man nannte dieses
Fest das Fest der Winter-Sonnenwende, weil am 21. Dezember die
Sonne sich zu wenden, ihre Bahn zu ändern scheint.
Den grünen Schmuck der Erde, das fröhliche Gedeihen von Blüten
und Früchten schrieben unsere Vorfahren dem Walten der seligen Götter
zu. Während des Winters aber schlief die Erde und mit ihr Blüte und
Frucht. Die Götter schienen tot oder in tiefen Schlaf versunken. Die
kleinen, freundlichen Elfen in Bächen und Flüssen lagen gebunden und
gefesselt von der Eisrinde, die böse Geister über sie ausgebreitet hatten.
Durch die Lüfte zogen im heulenden Sturme finstere, dem Menschen
feindliche Geister und auch über die Erde schritten sie, Tod und Ver-
derben bringend und besonders den Kindern auflauernd. Da kommt die
Winter-Sonnenwende und mit ihr die Hoffnung auf bessere, freundlichere
Tage. Die Götter, Wodan, ihr oberster, an ihrer Spitze, kehren auf
die Erde zurück und gewinnen nach und nach im Kampfe die Oberhand
über die bösen Geister und die Erde wird wieder des Göttersegens teil-
haftig. Noch heute lebt die Erinnerung an diesen Einzug und an den
Kampf mit den finsteren Gewalten in der Redensart: „Das wütende
Heer (an manchen Orten: das Wodansheer) zieht durch die Lüfte."
Nur ist Wodan, der den alten ein freundlicher, wohlwollender Gott
war, später, nach der Einführung des Christentums, dem Volke zu einem
Unholde und bösen Geiste geworden, von dem es in seinen Sagen noch
heute erzählt. Das deutsche Volk hat sich aber damit nicht begnügt,