1891 -
München
: Oldenbourg
- Autor: Lehrerinnen-Verein München
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Mädchenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Feiertagsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): Mädchen
2. Europa
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wohl größtenteils mehr ein zusammengebrachter als ureigener. Unsere
Waldbäume, einige nützliche Gesträuchearten und einige genießbare Zwiebel-
und Wurzelgewächse abgerechnet, sind eine Menge Gewächse, die setzt
Europa im Überfluß hervorbringt, aus anderen Gegenden hierher ver-
pflanzt worden. Selbst unsere Getreidearten sind Fremdlinge, und Asien
mag ihre Heimat sein; und wie uns Amerika die vielbenutzte wohlthätige
Kartoffel und den ziemlich unnützen, aber vielbeliebten Tabak sandte, so
gab uns Asien die edlen Obstsorten, die Kirsche, Pfirsiche, Apfelsine,
Zitrone, Feige, Melone und selbst den Wein.
Aber eben darin besteht der große Vorzug Europas von den übrigen
Weltteilen, daß sein gemäßigtes Klima die Erzeugnisse anderer Länder
sich so leicht aneignet, ohne ihre Mängel zu besitzen. Europa hat im
Vergleiche mit anderen Teilen der Erde nur unbedeutende Gebirge,
Ströme und Seen; seine Wälder find nicht zu vergleichen mit den
Urwäldern Amerikas, seine Ebenen nicht mit den Wüstenmeeren Afrikas
und den einförmigen Savannen Amerikas; seine mächtigsten Tiere sind
schwach und unbedeutend gegen die Riesen der Tierwelt in Afrika und
Asien; dafür tritt aber auch die ganze Natur dem Menschen in Europa
freundlicher und milder entgegen. Nicht kennen wir die Strenge, Furcht-
barkeit und lange Dauer des Winters von Sibirien und Nordamerika;
unter gleichen Graden der Breite erzeugt unser Erdteil noch Getreide
und mancherlei Früchte, wo jene beiden Länder bei fast ewigem Eise nur
Moose und niedriges Gestrüpp ihren wenigen Bewohnern bieten.\ Fremd
ist uns die Wut der Orkane Westindiens, fremd die furchtbaren Gegen-
sätze von Hitze und Kälte, wie Amerika und Asien sie darbieten, und
wenn uns auch der Himmel nicht in jener Pracht der Tropenländer
strahlt, so kennen wir auch nicht jene furchtbar verheerenden Krankheiten,
von denen die Bewohner jener für so glücklich gepriesenen Länder heim-
gesucht werden — die asiatische und afrikanische Pest und das gelbe
Fieber Amerikas berühren kaum Europas äußerste Grenzlünder. Gern
vermissen wir jene, allem Leben feindseligen, fast endlosen Sandwüsten
Afrikas und Asiens, die Flußniederungen Amerikas mit ihren furchtbaren
Überschwemmungen, jene unendliche Menge teils gefährlicher, teils wenig-
stens höchst lästiger, reißender oder giftiger Tiere und Insekten. Unbesorgt
überläßt im Sommer der Europäer sich dem Schlummer in Feld, Wald
und Wiese, ohne den giftigen Hauch einer verpestenden Lust oder die
Gewalt und das Gift gefährlicher Tiere, lästiger Gewürme zu fürchten.
Das nicht allzumilde Klima, die fast durchaus gesunde Luft geben dem
Europäer jene körperliche Schönheit und Stärke, wodurch er sich im
allgemeinen vor den übrigen Völkern der Erde auszeichnet, und begründen