1891 -
München
: Oldenbourg
- Autor: Lehrerinnen-Verein München
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Mädchenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Feiertagsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): Mädchen
11. Münchens Wasserversorgung.
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drehen, und das frische, klare Naß sprudelt in Krug und Eimer und
füllt im Nu auch das größte Schaff. Wie schnell ist jetzt ein frischer
Trunk besorgt, ein Glas gereinigt, das Wasch-und Badewasser gerichtet!
Vor nicht gar langer Zeit war das noch anders. Da kannte man
laufendes Wasser in wenigen Häusern und fast nur zu ebener Erde;
denn das Quellwasser, das an den Jsargehangen und bei Thalkirchen ge-
sammelt und zur Stadt geleitet wurde, reichte nicht weit und konnte
auch nicht in höhere Stockwerke geleitet werden. Man behalf sich mit
Pump- und Schöpfbrunnen, die fast in jedem Hose standen. Morgens
und abends sah man die Dienstmädchen mit den kupfernen Wassereimern
zum Brunnen wandeln, Wasser schöpfen und die gefüllten, schweren
Gesäße die Stiege hinausschleppen. Die Pumpbrnnnen lieferten das
sogenannte Grundwasser. Es war nicht schlecht, besser als in vielen
anderen großen Städten. Aber diese Brunnen waren leicht und oft der
Verunreinigung ausgesetzt, gaben manchmal wenig, manchmal gar kein
Wasser, je nach der Regenmenge des Jahres, versagten oft in ihrer
Einrichtung und froren im Winter gern ein.
Daher wurde das Bedürfnis nach einer besseren Wasserbeschaffung all-
gemein gefühlt, und seit Jahren besprach man Pläne und Einrichtungen, wie
der Stadt gutes Trinkwasser in reichlicher Menge zugeführt werden könnte.
Endlich gelang es dem verstorbenen Bürgermeister Dr. v. Erhard,
den Gedanken zur That werden zu lassen. Seiner Thatkraft und Aus-
dauer ist es zu verdanken, daß das großartige Werk unserer jetzigen
Wasserleitung in Angriff genommen und glücklich zu Ende geführt wurde.
Unser Trinkwasser kommt weit her, es ist ein Kind des Gebirges.
Zwischen dem ehemaligen Kloster Weyarn und dem Dorfe Darching in
dem landschaftlich reizenden Mühlthale entspringt aus dem Gehänge des
linken Steilufers der Mangsall der sogenannte Kasperlbach. Dieser hat
eine so bedeutende Wassermenge, daß er alsbald nach seinem Ursprünge eine
Mühle, die Kasperlmühle, trieb. Andere Quellen, zwar weniger reich,
aber mit demselben frischen, klaren Wasser, sprudeln rechts und links
im schattigen Thale. Dieser Käsperlbach und seine Nebenquellen wur-
den, nachdem ihr Wasser aufs sorgfältigste geprüft, und der Zufluß
jahrelang gemessen, zur Wasserversorgung Münchens ausersehen. Bevor
sie jedoch als Brunnen gefaßt werden konnten, galt es, vielerlei Hinder-
nisse zu überwinden. Der Mühlbesitzer, einige Bauernhöfe der Nachbar-
schaft und andere Personen wurden durch die beabsichtigte Leitung in
ihren Wasserrechten beeinträchtigt und mußten mit Geld abgefunden
werden; weitere, weniger berechtigte Einsprüche wurden durch den Ent-
scheid des Richters abgewiesen.