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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 50

1913 - Leipzig : Hahn
50 drei Stunden Zeit, deine zweitausend Gulden herauszunehmen. Tue mir — das heißt, dir und deiner Braut, den einzigen Gefallen und kaufe Wertpapiere. Siehst du, die da, die besten und sichersten, die es geben kann. Nicht einen Tag sollst du säumen, denn das Papier steigt ganz rapid; jeder Tag, den du deinen Schmarrn in der Sparkasse noch länger liegen lässest, ist ein Verlust, ein Verbrechen an deiner künftigen Familie. Peter, ich habe dich immer lieb gehabt, ich werde dich verlieren, das weiß ich ja, daß der Freund nichts mehr ist, sobald er die Seinige unter Dach hat. Aber ein bißchen zu Dank verpflichten möchte ich dich gerne vorher, und deinen Kindern sollst es einstmals sagen: Wenn der Philipp nicht gewesen wäre! Dem Philipp habt ihr den Wohlstand zu verdanken. So geh' doch, jetzt! Die Bank ist bis drei Uhr offen. Bei Löwe und Stern, Ecke der Herrenstraße. Soll ich dir's aufschreiben? Nein, ich will dich lieber an der Ecke erwarten. Wir können dann auf die Abendbörse gehen. Servus." Ich ging fort. Wie kommt mir heute der Philipp vor? Er ist doch sonst nüchtern und gewissenhaft. Sollte ihn auch das Gewinnfieber erfaßt haben? Man hört, daß es jetzt so arg wütet. Nein, mir tut's nichts. Ansteckende Krankheiten fürchte ich nicht viel. Zur Sparkaffe ging ich natürlich nicht. Das Bissel, was drin liegt, soll liegen bleiben. Ich weiß nicht einmal, wie man dazu kommt, daß es fünf Prozente trägt, ohne daß man einen Finger zu rühren braucht. Irgendwo muß sich doch was rühren, daß es so wächst. — Ich dachte nicht weiter dran und ging nach Hause. Als im nächsten Frühjahre der Hochzeitstag in die Nähe kam, als alles in der Stadt blühte, nobel lebte, während ich das neue Heim nur ganz einfach einrichten konnte, da fiel mir wohl ein paarmal ein: Wenn du dem Philipp gefolgt hättest! Die Papiere stehen schwindelnd hoch, ohne jede besondere Spekulation hätte sich das kleine Vermögen verzwei- sacht. Bei anderen hat es sich verfünffacht seit einem Jahre. Wenn man einigermaßen Mißtrauen hat, so kann man die Scheine ja recht- zeitig verkaufen. Es soll ja überhaupt keine Gefahr sein. Der politische Horizont ist völlig klar, alle Geschäfte gehen glänzend. Wenn man halt keinen Mut hat, bleibt man ein armer Teufel. — Die Vorbereitungen zur Hochzeit ließen weitere Skrupel nicht auf- kommen. Am dreizehnten Mai endlich sollte die langersehnte Stunde sein, die uns einander gab. Da war es vier Tage vorher, gegen Abend, daß mein alter Kamerad Philipp ganz verstört durch die Gasse lief, mich anstieß und, ohne „Pardon" zu sagen, davonhastete. Er hatte mich gar nicht erkannt. Auch andere hatten es heute besonders eilig, und an den Ecken standen Menschengruppen, die heftig miteinander sprachen und mit den Armen hin und her fuhren. — War etwas geschehen? — „Es kann nur vorübergehend sein!" hörte ich sagen. „Es erholt sich wieder." „Nein, das erholt sich nicht, das ist eine Katastrophe!" — Ein Börsensturz. — Am letzten Tage vor der Hochzeit ging ich in den Abendstunden
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