1913 -
Leipzig
: Hahn
- Hrsg.: Leipziger Fortbildungsschul-Direktoren und -Lehrern
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Fachschule, Gewerbeschule
- Regionen (OPAC): Dresden
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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deutung aller Schleicherei und Falschheit und alle Verachtung zu
legen pflegte.
Aatzelmacher!
Jetzt handelte sich's beim kochenden welschen nur mehr ums
Messer. Denn dadurch auch unterscheidet sich der feurige Südländer
von dem kühleren Nordländer; er stößt lieber mit Stahl zu, denn
mit giftigen Worten.
Daß römisches Blut in seinen Adern rolle, mußte er zeigen,
und er zeigte es auch. In Ermangelung eines erwünschten Instru-
ments schleuderte er dem Gegner über den Tisch hin ein paar Bier-
gläser zu. Der Tumult begann von neuem. Etliche bekamen ein
klingendes Fauststücklein an den Aopf, und den, der das Wort
Aatzelmacher gebraucht, erwischte der durch wein und Streit erhitzte
Italiener am Halstuch, und das ist eine ganz vorteilhafte handhabe
für den Angreifer! Schon lag der Angegriffene auf dem Fußboden,
röchelnd, schäumend und dunkelblau im Gesichte, schon setzte Dzzotti
das Anie an die Brust, und seine Faust wand das Halstuch noch
immer enger zusammen, wobei seine Augen in einer wahren Lust-
gier funkelten.
Endlich, bevor es zu spät war, gelang es den Aameraden, den
Italiener von seinem Dpfer loszulösen. Doch wie eine Aatze glatt
und schlau entschlüpfte er den fänden der Rächer.
So war's gekommen, und so war's verlaufen. Dann war
wieder das fröhliche Sonntagszechen. Nur dem Peter Dberdorfer
wollte das Bier nicht recht durch die Gurgel rinnen, er hatte noch
lange das Gefühl, als würge ihn einer mit dem Halstuch. Er rieb
sich die liebe Aragenhaut mit der Hand, er ging in die freie Luft,
um stark Atem zu holen; man riet ihm sogar, daß er sich auf den
Aopf stellen solle, damit die Gurgel wieder auseinandergedrückt
werde, aber es wollte alles nicht viel fruchten. Die meiste Er-
leichterung verschaffte ihm noch der Gedanke: „Na wart'! Es ist
noch nicht finster!" Es ist noch nicht finster! Das war Meters
Sprichwort, und es war als solches bekannt und berüchtigt. Im
gewöhnlichen Sinne galt es als Bestätigung und Bekräftigung von
etwas, das der Peter meinte, und wenn er etwas mit dem
Worte: „Es ist noch nicht finster!" versprach, so war es so gut wie
seine Namensunterschrift und sein Ehrenwort. Wenn er's aber im
Zorn ausrief, dann war es wie ein Fluch und wilder Schwur, eine
Drohung, vor der mancher schon gezittert hatte.
wenn die beiden Männer — der Peter und Dzzotti, der
Italiener — am Sonntag in den Drtsgassen oder am Werktag auf
dem Wege zur Schicht aneinander vorüberkamen, da tauschten sie
kurz und scharf ihre finsteren Blicke, aber jeder hielt den Atem an
— was die Zunge kann, ist hier nicht am Platze.
Der Schichtenschreiber merkte es am besten, was zwischen den
beiden vorging, und er teilte dem Bergverwalter seine Meinung mit.
Es dürfte klug sein, den welschen zu entlassen.