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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 76

1913 - Leipzig : Hahn
76 Der Verwalter war wieder der Ansicht, daß man die halbe Anappenschaft entlassen müßte, wenn man aus den Trotz und Hader dieser Gesellen Rücksicht haben wollte. blieb Dzzotti in Eisenerz. Wohl mied er das Wirtshaus zum Roten Hahn, das freilich auch der Peter Oberdörfer seit jenem Streite nicht mehr betreten hatte. Und doch kam der Tag. — Wegen Auflassung einer Partie in den oberen Bergwerken wurden mehrere Anappen versetzt. So kam auch Peter in einen neuen Stollen, und er arbeitete jetzt im Hubertusstollen, der durch mehrere Schachte gekreuzt wurde. Er war mit seinem Terrain noch ziemlich unbekannt und hatte darauf zu achten, daß er sich in den zahllosen Gängen und Höhlungen zurechtfinde. Wenn er einmal die Haue einen Augenblick ruhen ließ und nichts die schwüle Lust und die kleine Flamme in der Grubenlampe bewegte, da konnte er aus dem Nebenstollen das Pochen und Scharren der Aameraden vernehmen. In einer solchen Ruhepause war es, als den Schacht, der seinen Stollen kreuzte, das bekannte Holzgestell, der Schrägen, nieder- gebaumelt kam, auf welchem ein einziger Wann stand. Der hielt das Grubenlicht an seiner Brust, und seiner gleichgültigen Wiens war es nicht anzumerken, daß er in die grauenhafte, sticklusterfüllte Tiefe fahre, in welcher zu arbeiten sich manch andrer weigerte. Peter, der, von dem andern nicht bemerkt, in seiner Nische un- beweglich stand, hatte den Wann sofort erkannt. Doch kein „Glück auf!" rief er ihm zu, sondern er drückte sich an das Gezacke der Erzwand. Auf dem niederfahrenden Schrägen stand sein Todfeind, der Italiener. Aber noch bevor sich Peter recht bewußt werden konnte, daß hier eine Gelegenheit gekommen, den Welschen zum Aampf zu fordern und sich zu rächen, versank der Schrägen auch schon in der Tiefe, nur daß er ihm nachmurmelte: Noch ist es nicht finster, mein lieber Dzzotti! Das Seil, an dem der Senkschragen hing, schien sich kaum zu bewegen, nur daß es mitunter, durch die schwere Last, die es trug, stramm gespannt, ein wenig surrte, so oft der Schrägen bei seinem Niederwärtsschweben an einen Wandbalken prallen mochte. Dieses Seil, das ist ja sein Lebenssaden! fiel es dem Peter plötzlich ein. Wenn ich es jetzt durchhaue, da fährt er in den Grund hinab und zerschellt. Ich schlage mich eilends in den anderen Stollen hinüber, und nichts kommt auf. Ein altes Seil kann morsch werden und von selber brechen. Es kann auch ein scharfes Holz oder Ge- zacke streifen und so entzweigeschnitten werden. Der Bergmann steht ja immer mit einem Fuß im Grabe — das müssen wohl auch die alten Römer schon gewußt haben, mein lieber Dzzotti! Diese Gedanken waren dem Anappen durch den Aops geschossen, wie Eulen und Fledermäuse über das Dorf schwirren, wenn es dunkel wird.
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