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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 112

1913 - Leipzig : Hahn
112 Bassins zu locken, ist folgendes. Hat ein einzelner oder eine Unternehmer- gesellschaft ein Stück Land an sich gebracht, in dem das Vorkommen von Naphtha zu vermuten ist, so beginnt man, ein 10—12 Quadratmeter großes Feld abzugrenzen, auf dem ein sogenannter Bohrturm errichtet wird. Man zimmert aus starken Eichenstämmen ein etwa 50 Meter hohes Gerüst mit mehreren Etagebauten und umkleidet es mit ^dünnen Holz- bohlen. Ein ungefähr 15 Meter tiefer Schacht wird inmitten des von den Holzwänden umrahmten Raumes abgeteuft, und nun kann das Bohren beginnen. Es geschieht vermittelst eines schweren Meißels, der senkrecht im Innern des Bohrturmes an schmiedeeisernen, aneinandergeschraubteu Stangen hängt und bei jedem wuchtigen Fall ein wenig gedreht wird. Je nach der Beschaffenheit des Gesteins vermag dieser Meißel in 24 Stunden 2—4 Meter des Erdreichs durchzustoßen. In die ausgebohrte Strecke werden Röhrenstücke von 3/4 Meter im Durchmesser eingesetzt. So entsteht allmählich eine lange Röhrensäule, die den Stangenbohrer stets in gerader Richtung hält und dem ausströmenden Naphtha gleich einer Brunnenröhre die nötige Fassung gibt. Ist ein unterirdisches Naphthabassin angeschlagen, so schießt mit mächtigem Druck eine hohe Fontäne aus der Erde. Oft ist die Kraft der mit Schlamm und Steinen untermischten flüssigen Masse von solcher Stärke, daß sie das gesamte Gestänge des Bohrturms und seine Kappe, auf der die Hebemaschinen stehen, in wenigen Sekunden zertrümmert und weit in die Luft schleudert. Wenn das Gleichgewicht zwischen dem Druck der äußeren Atmosphäre und der Spannung der im Erdinnern treibenden Gase hergestellt ist, so hat der aufsprudelnde Springquell sein Ende er- reicht. Jetzt geht man an die Arbeit, aus dem Röhrenschacht vermittelst sinnreich konstruierter Blechzylinder das in der Tiefe stehende Naphtha zu schöpfen. Durch Holzröhren leitet man das Naphtha in große, ausge- mauerte Behälter, die rings um den Bohrturm angebracht sind. Das „Glück" zeigt sich bei dem Kampf um die Naphthagewinnung als die fast einzig regierende Macht. Dem einen schlägt eine Fontäne tage-, ja wochenlang — den Gebrüdern Nobel gab einmal ein Springquell in einem einzigen Tage 70 000 Pud (1 Pud ist 32,76 Pfund) und fünf andere reiche Fontänen in einem Jahr 80 Millionen Pud —, der andere hingegen vermag monatelang nur Schlamm und Wasser aus seinem Bohrloch zu- tage zu fördern. So gibt sich die Naphthabohrung als tolles Glücks- spiel. Hier werden beträchtliche Kapitalien fruchtlos vergeudet, dort fließen Millionen in wenig Tagen in die Taschen des vom Glück Begünstigten. Da das Pud Noh-Naphtha 17x/2 Kopeken kostet und die Betriebsunkosten sich auf kaum 4 Kopeken das Pud stellen, bietet die Naphthabohrung ein höchst einträgliches Geschäft (1 Kop. ----- 2,16 Pf.). Ein besonders krasser Fall, der beweist, daß nur Zufall und Glück den Ausschlag geben, hatte sich während meiner Anwesenheit unweit Baku zugetragen. Ein wohlhabender Tatare hatte auf seinem Grundstück einen Bohrturm errichtet, hatte monatelang arbeiten lassen, doch ohne Erfolg. Er verkaufte seine Felder, sein Vieh, sein Haus, um immer
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