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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 135

1913 - Leipzig : Hahn
135 zur Herstellung von Feuerzeugen zu benutzen, aber die ersten Phosphor- feuerzeuge waren höchst unvollkommen und gefährlich; man sollte reinen Phosphor unter Wasser in Fläschchen aufbewahren, dann stückchenweise hervorholen und schließlich durch Verreibung auf Leder entzünden. Als nun Aammerer von der ersten Mischung, die er zur Her- stellung der Aöpfchen für seine Zündhölzchen erdacht hatte, nicht befriedigt wurde, stellte er eine neue her, in welcher neben chlor- saurem Aali noch Phosphor enthalten war. Die Zündhölzchen versagten jetzt nicht mehr; denn der Phosphor entzündete sich selbst bei gelinder Reibung und zersetzte das chlorsaure Aali, welches dabei den nötigen Sauerstoff lieferte, um den Schwefel zu entzünden und eine lebhafte Verbrennung möglich zu machen. Die Idee fand Anklang, und in Wien entstanden die ersten größeren Fabriken, welche Phosphorhölzchen lieferten. Aber auch diesen Hölzchen hafteten schwere Mängel an. Die Mischung von Phosphor und chlorsaurem Aali explodiert mit solcher Gewalt, daß man mit ihr Bomben füllen könnte, und so kam es, daß bei der Fabrikation viele schwere Unfälle sich ereigneten und das Verfahren in vielen Ländern verboten wurde. Die neuen Zünd- hölzchen waren wilde Gesellen, die erst gezähmt werden mußten, und diese Zähmung gelang schließlich den Wiener Fabrikanten, indem sie das chlorsaure Aali in der Aöpfchenmasse durch Stoffe ersetzten, die langsamer Sauerstoff abgaben, durch Mennige, Bleisuperoxyd oder guten Braunstein. Damit war die erste Stufe der Vollendung in der Herstellung der Zündhölzchen erreicht; die Welt erhielt Phosphor- hölzchen, wie sie noch heute gemacht werden, und sie verdankt dieselben vor allem den deutschen und österreichischen Erfindern Aammerer, Preshel und Römer. Aber die Menschen sind nun einmal anspruchsvoll, und so hatten sie auch an den ersten brauchbaren Zündhölzchen vieles auszusetzen. Der Gestank, den der Schwefel beim Verbrennen erzeugt, störte sie, und dem wurde Rechnung getragen, als man für feinere Ware den Schwefel durch Paraffin ersetzte, in welches die Hölzchen getaucht wurden, bevor man das Aöpfchen anbrachte. Viel wichtiger war aber ein anderer Einwand: der weiße Phosphor ist ein heftiges Gift; eine geringe Anzahl von Aöpfchen genügt, um einen Menschen ums Leben zu bringen, und in der Tat griffen Gift- und Selbst- mörder vielfach zu den leicht zugänglichen Hölzchen. Unter den Phosphordämpfen, die sich während der Verarbeitung entwickelten, hatten auch die Arbeiter schwer zu leiden, indem bei ihnen die Anochen des Ober- und Unterkiefers abstarben, die „Phosphor- nekrofe" der Anochen entstand. „Gifthöhlen" nannte ntan die Zündholzfabriken, und am schlimmsten sah es dort aus, wo dev kleine Mann die Herstellung der Hölzchen als eine Art Hausindustrie betrieb.
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