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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 161

1913 - Leipzig : Hahn
161 Gotthard und seine beiden Gesellen, Arnold und Jakob, sowie Lutke, der Lehrjunge, und der freiwillig mitschaffende Gilbrecht wechselten während der Arbeit nur dann und wann ein paar Worte, bei denen aber keine Hand feiern durfte. Immerhin ging es bei der Böttcherei laut genug her, daß sie alle fünf nicht gleich bemerkten, wie sich die Haustür öffnete und zwei Männer eintraten. Über das scharf gezeichnete, verbissene Gesicht des einen von ihnen, eines langen, hageren Mannes in den fünfziger Jahren, flog ein häßliches Frohlocken, und fast auf der Schwelle noch wandte er sich halb zu seinem Begleiter um und sagte ihm leise: „Das ist gut! Er arbeitet mit drei Gesellen und einem Lehrjungen." Dann gingen sie auf den Meister zu, der sie jetzt erblickte, sich von der Schneide- bank erhob und ihnen entgegentrat. Auch die Gesellen stellten die Arbeit ein, und der erste der Eingetretenen sprach: „Gott grüße euch, Gott weise euch, Gott lohne euch, ehrbarer günstiger Meister, und euch, hübsche Gesellen! Wir kommen, eure Gelegenheit zu besehen nach Handwerks Gebrauch und Gewohnheit." „Seid willkommen wegen des Handwerks!" sagte der Meister. „Wir wissen wohl," nahm jetzt der zweite das Wort, „daß es bei dir nicht von- nöten ist, Henneberg, aber du weißt auch, daß wir es tun müssen mit eines hochedlen Rates Vollbord und Befehlich und nach des ehrbaren Amtes Ordnung." „Ich weiß," sagte der Meister, „tut eure Pflicht, ihr Herren! Ich hoffe, ihr sollt nichts Wandelbares finden. Zählt und meßt die Großheit und die Kleinigkeit und die Unwissenheit, wo ich gefehlt habe." „Ei, lieber Meister, was redet ihr!" sagte der Lange wieder, „ihr, der Amtsmeister der ehrbaren Böttchergilde und aller Handwerker leuchtend Borbild, solltet Wandelbares haben; das ist ja zum Lachen." Aber das Lachen kam nicht von Herzen, und der Meister gab auch keine Antwort darauf, sondern schüttelte dem zweiten, einem kräftigen, untersetzten Manne, freundlich die Hand und sagte, als er dessen besorgten Blick erst auf Gilbrecht und dann auf ihn selber sah, ruhig lächelnd: „Gilbrecht, mein zweiter, ist eben aus der Fremde gekommen und wirkt aus Langeweile und zu seinem Vergnügen heute hier ein wenig mit, ist aber nicht mein Knecht." Das Gesicht des anderen heiterte sich auf, und die beiden Männer fingen nun an, mit Visierrute und Kettenmaß ein paar Tonnen auszumessen und das Boden- und Stabholz sowie die Reifenbunde flüchtig zu überzählen. Aber sie taten es nur zum Schein, um der Vorschrift äußerlich zu genügen; denn sie wußten wohl, daß hier alles echt und gerecht und unsträflich war. Es waren die Wardierer, welche die Pflicht hatten, in bestimmten Zeitabschnitten und zwar unangemeldet und über- raschend in den Werkstätten die Gelegenheit zu besehen und alle Hand- werksarbeit genau zu prüfen, zu wägen und zu messen, ob sie genau nach der strengen Handwerksordnung von tadellosem Rohstoff, nach rechtem Maß und Gewicht und in der vorgeschriebenen Art und Weise hergestellt und mit des Meisters Hausmarke gezeichnet war. Sie mußten das Holz, das zu Waffer oder zu Wagen gekommen war, untersuchen, ob es trocken und nicht rissig, von der richtigen Art und von den geschworenen Holz- Lesebuch f. Fortbildungsschulen rc. Allg. Teil. H
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