1913 -
Leipzig
: Hahn
- Hrsg.: Leipziger Fortbildungsschul-Direktoren und -Lehrern
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Fachschule, Gewerbeschule
- Regionen (OPAC): Dresden
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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wrackeru auf dem Platz hinter dem Kaufhause ausgewählt war. Und
wie hier das Holz und die Tonnen, so wurde anderwärts das Gold und
Silber, das Kupfer, Leder, Tuch, Korn usw. und alle daraus gefertigte
Arbeit geprüft in allen Werkstätten jeglichen Gewerbes und bei jedem
Meister ohne Ausnahme. Wurde irgendwo ein nicht ganz tadelloser
Rohstoff oder eine wandelbare, fehlerhafte Arbeit entdeckt, so wurde das
eine wie das andere sofort zerschlagen oder ohne Topf gekocht, d. h. ver-
brannt. Man ging dabei sehr streng zu Werke, und die Wardierer hatten
kein angenehmes Geschäft. In der Regel besorgten es ein oder zwei von
den vier geschworenen Älterleuten der betreffenden Handwerksgilde, die
unter dem Amtsmeister standen, und daneben ein Abgeordneter des Rates,
der ein Buch mit den darin enthaltenen Vorschriften mit sich führte,
während die Älterleute die Maße und Gewichte hatten. — Nachdem die
Wardierer ihres Amtes bei Gottftied Henneberg gewaltet hatten, gingen
sie mit kurzem Gruße von dannen. Julius Wolff.
75. Wer ist der künstlichste Werkmann?
In der St. Katharinenkirche zu Nürnberg war eine Smgschulr
der Meistersinger abgehalten worden; selbst der Kaiser Maximilian hatte
sie mit seinem Besuche beehrt; Leonhard Nunnenbeck, der ehr-
würdige Greis und kunstreiche Webermeister, und Michael Behaim,
der auch zur Weberzunft gehörte, hatten als die Sieger im Wettgesange
den „Davidsgewinner" und den „Kranz", den Ehrenpreis der Meister--
sängerkunst, empfangen. Nun ging's altem Brauche gemäß in feierlichem
Zuge zur nahegelegenen Schenke, um den Ehreutrunk zu tun. Ein
Weinfüßchen war ans den Tisch gestellt, und einer der Meister übernahm
das Amt des Schenken. Behaim aber, weil zum ersten Male Sieger,
erhielt den Ehrenvorsitz; durch Ausklopfen mit dem Hammer leitete er die
ftöhliche Versammlung.
Ein Wettsingen wurde zur Kurzweil vorgeschlagen, und Behaim
selbst, auch Hans Sachs und Peter Bischer meldeten sich zur Teil-
nahme; Hans Sachs sollte eine Streitfrage auswerfen. Er erhob sich
und sang also:
Hans Sachs.
Ihr Freunde, sagt mir, wenn ihr wißt,
wer der künstlichste Werkmann ist?
Peter Bischer.
Das ist fürwahr ein Zimmer mann:
Wer hat's ihm jemals gleich getan?
Durch Schnur und Richtscheit wird
ihm kund
die höchste Zinn' und der tiefste Grund;
ihn loben stattliche Lu st gemacher ;
hoch strebt sein Ruhm wie seine Dächer;
reich an Erfindungen ist sein Geist.
Mühlwerk und Wasserbau ihn preist;
er schützt durch Bollwerk dich und
Schanz;
die Heil'ge Schrift weiht ihm den Kranz.
Er zimmerte die starke Arch',
drin Noah war, der Patriarch;
wie rings auch brausete die Flut,
er ruht' in ihr in sichrer Hut;
gerettet mit all den Seinen er ward
mit allen Tieren jeder Art.
Er zimmerte nach weisem Rat
Jerusalem, die Gottesstadt;
des weisen Salomo Königshaus,
das führt' er gar mächtig und prächtig
aus.