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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 188

1913 - Leipzig : Hahn
188 wandern die Riemen zu einer Presse, unter der die Sohlen ausgestanzt werden. Armer Meister, was mußt du oich mit deinem Messer an dem spröden, zähen Stoff quälen, ehe es dir gelingt, in fast halbstündiger Arbeit eine Sohle auszuschneiden — hier kannst du sehen, was die Maschine vermag! In der Presse, die natürlich durch Dampf getrieben wird, wird das Sohlenleder unter ein aus bestem Stahl gearbeitetes Fa^onmesser von der Form der zukünftigen Sohle gebracht, ein Ruck — ein Druck, und die haarscharf und schön glatt beschnittene Sohle fliegt fertig beiseite. Nie kommt ein Fehlschneiden, nie ein Versagen der Maschine vor, und dabei kann ein geübter Arbeiter in zehn Arbeitsstunden über fünftausend Sohlen ausstanzen! Freilich bedarf eine gut eingerichtete Fabrik einer großen Anzahl Fa^onmesser, da diese für jede Größe, ja auch nach den leidigen Beoingungen der Mode, die bald breite, bald spitze Stiefelfa<;on liebt, ausgewechselt werden müssen. Man hat überhaupt kaum einen Begriff, auf welche Mannigfaltigkeit die Produktion vorbereitet sein muß, wenn sie allen Ansprüchen genügen soll. Große Fabriken besitzen z. B. Tausende von verschiedenen Leisten, und jeder Modewechsel bedingt die Vermehrung dieser riesigen Bestände, die oft zu einem wahren Ballast anschwellen und doch nicht entbehrt werden können. Das größte Erfurter Etablissement hat sogar eine Leiftenschneiderei nur für den eigenen Bedarf eingerichtet. Aber zurück zur Fabrikation selbst! Mittels der Schlitzmaschine wird i« die Außenseite des ausgestanzten Lederstückes eine kleine Rinne geschnitten, in welche später die Sohlennaht zu liegen kommt; dann erhält die Sohle unter einer kräftigen Presse die nötige Biegung und Wölbung und gelangt mdlich in die Hand des Aufzwickers, der sie und den Oberschuh auf dem Leisten zu einem Ganzen vereinigt. Der Aufzwicker ist ein wichtiger Mann in der Fabrik; er ist fast der einzig übrig gebliebene Vertreter des Handwerkes in ihr; die maschinellen Vorrichtungen haben dem denkenden Jünger St. Crispins zwar seine Arbeit wesentlich erleichtert, aber ihn selbst nicht von seinem Posten abgelöst. An seinem vortrefflich eingerichteten Universalschraubstock stehend, zieht er zunächst den vorbereiteten, um der größeren Sauberkeit willen halb in Papier gehüllten Schaft über den Leisten und heftet mit kleinen Eisenstiften jenen und die innere, die Brand- sohle zusammen, wobei er nicht verfehlt, mit der G e l en kz w i ck z a n g e das Oberleder recht fest über den Leisten zu ziehen, um dem Schuh, besonders im Gelenk, eine schöne Form zu geben. Nach dem Einsetzen des sogenannten Gelenkstückes selbst wird die äußere mit Klebstoff bestrichene Sohle aufgelegt, scharf angehämmert und wiederum mit einigen Stiften angeheftet. Jetzt ist der Stiefel endlich soweit vollendet, daß seine äußere Form klar erkennbar hervortritt, und nun wandert er zum Maschinensaal, i» dem ihm der letzte feste Halt gegeben werden soll. Hier scheiden sich die Wege der Handarbeit und der maschinellen Fabrikation noch schärfer als bei den bisher besprochenen Arbeiten. Um mit der Hand ein Paar Sohlen auf die Stiefel zu nähen, braucht ein fleißiger und geschickter Arbeiter mindestens fünfzehn Minuten, die Maschine,
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