1913 -
Leipzig
: Hahn
- Hrsg.: Leipziger Fortbildungsschul-Direktoren und -Lehrern
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Fachschule, Gewerbeschule
- Regionen (OPAC): Dresden
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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andere machen sich fertig zur Abreise. Unaufhörlich keuchen die Dampfwinden
an Bord der Dampfer, aus drei Luken zugleich werfen sie Baumwolle,
Wolle, Felle, Kleesaat, Getreide, Tabaksfäsfer, Ballen, Kisten usw. her-
vor, und schon sehen wir unten, dicht über der Wasserlinie andere Mann-
schaften beschäftigt, westfälische Kohle einzuladen; denn die Belastung muß
immer möglichst gleichmäßig bleiben.
Hundert Schritte weiter liegt ein anderer Dampfer, der in wenigen
Stunden den Hafen verlassen will. Eben wird die letzte Hand an die
Überladung der Güter aus dem langseits des Schiffes haltenden Eisen-
bahnzuge gelegt; Zuckerkisten, Spritfäsfer, Ballen und Kisten mit Chemnitzer
Strumpfwaren, Lausitzer Tuchen, Berliner Wäscheartikeln, Barmer Litzen,
Krefelder Seidenstoffen, Stuttgarter Trikots, Nürnberger und Sonneberger
Spielwaren fliegen noch an Bord, wo hundert rüstige Hände sie in
Empfang nehmen und verstauen. Schon kommt der Extrazug mit den
Zwischendeckspaffagieren, fünfhundert, ja sechshundert Menschen steigen
heraus und klettern, beladen mit ihren Habseligkeiten, die schwanke
Schiffstreppe hinan, wo alles zu ihrem Empfange vorbereitet ist und
eine militärische Ordnung es ermöglicht, jeden Ankömmling sofort aus
den für ihn geeigneten Platz zu schaffen. In langen Reihen stehen die
Kojen da, Matratze und Wollendecke auf jeder Schlafstätte, Rettungsgürtel
unter jedem Kopfkissen. Endlich ist alles untergebracht, die Seeleute
haben wieder allein das Regiment auf Deck, wo alles zur Abreise klar
gemacht wird. Da kommt noch der letzte Extrazug mit den Kajüts-
paffagieren; ihrer sind nicht so viele, auch sie werden bald übernommen.
Damit ist endlich auch der Augenblick gekommen, wo die Flut hoch genug
gestiegen ist, daß die Hafenschleusen geöffnet werden können. Ein kleiner
kräftiger Schlepper spannt sich vor das im langsamen Tempo so unbehilfliche
Riesenschiff, und unter lautem Hurra derer an Bord und der Zurück-
bleibenden, unter Hüteschwenken und Abschiedstränen geht es aus dem
Hafen auf die Reede, wo die Schraube des Dampfers sich in Bewegung
setzt und dieser bald am Horizonte verschwindet. Manchmal bleibt es nicht
bei einem Dampfer; einer geht nach Neuyork, ein zweiter nach Baltimore
folgt, vielleicht sogar ein dritter nach Galveston, ein vierter nach Süd-
amerika; einer der kleinen Englandfahrer gesellt sich Wohl auch noch
dazu. Auf der Reede liegen schon wieder heimgekommene Schiffe, die den
letzten Schritt in den sicheren Port machen müssen. So bietet sich dem
Auge des Fremden ein buntes und interessantes Bild dar, und auch wer
es oft gesehen, pflegt doch zu verweilen, bis die Ebbe beginnt und
die Schleusen wieder geschlossen werden.
Nach Westermanns Monatsheften.
98. Die Weltpo».
Aus meinen ftühesten Kinderjahren ist mir eine Erinnerung geblieben,
die jedesmal in meiner Seele auftaucht, wenn ich von einem Briefe aus
Amerika sprechen höre. Damals kam nämlich in das Haus meiner Eltern