1913 -
Leipzig
: Hahn
- Hrsg.: Leipziger Fortbildungsschul-Direktoren und -Lehrern
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Fachschule, Gewerbeschule
- Regionen (OPAC): Dresden
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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1588, also nach siebzigjährigem Bestehen, die Post ihren glücklichen Rechts-
rnhabern jährlich 100 000 Dukaten Reingewinn einbrachte, eine für die
damalige Zeit unerhörte Summe.
Der Große Kurfürst machte die Post in seinem Lande zu einer
Staatseinrichtung, ohne sich um die alten Privilegien der Thurn und
Taxis zu kümmern.
Das Beispiel, welches Preußen gegeben hatte, wirkte weiter. An-
gesichts der jämmerlichen Verfassung der Thurn und Taxisschen Post
schritten einzelne Länder und Ländchen, ja sogar Städte dazu, eigene
Posten zu gründen, so z. B. Braunschweig, Mecklenburg, Köln, Nürn-
berg usw., deren Einrichtung und Verwaltung keine Rücksicht auf den
Nachbar, noch weniger auf das Wohl der Gesamtheit nahmen, sondern
nur den eigenen augenblicklichen Vorteil verfolgten. Dadurch und
weil auch die Taxissche Post sich kräftig wehrte, entstand eine heillose
Verwirrung. In manchen Städten saßen nebeneinander drei oder vier
verschiedene Posten, die einander nichts weniger als gut gesinnt waren,
die sich gegenseitig anfeindeten, wo es nur anging. Öfters kam es unter
den verschiedenfarbigen Postillionen und Postboten auf offener Landstraße
oder im Wirtshaus zu Raufereien und Schlägereien, durch welche weder
die Sicherheit noch die Schnelligkeit der Beförderung gewinnen konnte.
Nicht ganz so kläglich, aber immer noch dürftig genug, sah es zu
derselben Zeit mit dem überseeischen Postverkehr aus. Bis zum Jahre 1840,
da das erste Dampfschiff der noch heute hoch angesehenen Cunardlinie
Englands überseeische Brief- und Postsachen über den Atlantischen Ozean
trug, wurde alles, was sich die Alte und die Neue Welt gegenseitig z«
sagen hatten, mit Segelschiffen befördert, denen keine Verantwortung für
das ihnen anvertraute Gut oblag. Man mußte von Deutschland aus
seine Briefe an irgend ein Handelshaus in einem englischen Hafen — meist
London — schicken; dort blieben die sich häufenden Briefschaften liegen,
bis ein Schiff der Firma die Reise über das Weltmeer antrat und alles
mitnahm.
Wollte man den Umweg über London vermeiden, so schickte man seine
Briefe an eine Bremer oder Hamburger Reederei und ließ es dann darauf
ankommen, ob der Brief seinen Bestimmungsort erreichte oder nicht.
Doch in der Stille wuchsen die Vorbedingungen zu der alle Kultur-
staaten der Erde umfassenden Weltpost. Allmählich, wenn zuerst auch
sehr langsam, rückte das Postwertzeichen, die Freimarke, bei den Posten
ein. Die Erfindung der Freimarke kam aus dem Königreich Sardinien,
wo sie schon im Jahre 1819 auftrat, allerdings nicht in der heute
gebräuchlichen Form, sondern in Gestalt von Briefumschlägen, die bei den
sardinischen Postämtern käuflich waren.
Merkwürdigerweise dauerte es sehr lange, ehe der vortreffliche Fort-
schritt von andern europäischen Ländern angenommen wurde. England,
die Vereinigten Staaten, die Schweiz, Brasilien, ja selbst — Finnland,
sie alle bedienten sich der für Post wie Publikum gleich bequemen Neuerung
eher als die preußische Post. In Preußen ward sie 1850 eingeführt.