1913 -
Leipzig
: Hahn
- Hrsg.: Leipziger Fortbildungsschul-Direktoren und -Lehrern
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Fachschule, Gewerbeschule
- Regionen (OPAC): Dresden
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Aus den gestempelten Umschlügen wurden in der Folge die Frankocouverts,
und endlich löste sich von diesen die Freimarke, die sich jetzt sogar
im bürgerlichen Leben und Kleinverkehr eine Stelle als Zahlungsmittel
erworben hat.
Als das Jahr 1866 den Machtbereich des Preußischen Staates
erheblich ausdehnte und den ganzen Norden Deutschlands unter Preußen
als Vormacht einigte, da mußte die Taxissche Post verschwinden. Die
350jährige Gerechtsame des Hauses ward um die Abfindungssumme von
9 Millionen Mark beseitigt, und der ganze Apparat, einschließlich der
Generalpostdirektion zu Frankfurt am Main, ging an den Preußischen
Staat über, nicht ohne daß die Taxissche Verwaltung noch den Versuch
gemacht hätte, sich durch Eingehen auf die Forderungen der Neuzeit zu
behaupten.
Auch der überseeische Postverkehr hatte durch die ausblühende Dampf-
schifsahrt eine neue Entwicklungsstufe erreicht, man ließ fast bei jedem
Wind und Wetter die Postschiffe zu bestimmter Stunde in See gehen. Der
Norddeutsche Lloyd arbeitete Hand in Hand mit der deutschen Post und
gewährte dadurch die größten Vorteile. Innerhalb des Deutschen Reiches
woben die Eisenbahnen immer engere Netze, wodurch der Postverkehr an
Schnelligkeit gewann.
Der Generalpostmeister Stephan hatte seine erste folgenreiche Idee bereits
1865 der „fünften deutschen Postkonferenz", die in Karlsruhe tagte, vorgelegt,
nämlich eine Denkschrift, die zur Erleichterung und Beschleunigung des Post-
verkehrs die Einführung eines „offenen Briefes in gedrängter Form" empfahl,
die Postkarte. Stephan nannte seine Erfindung „Postblatt". Er mußte
aber fünf Jahre warten, ehe er seine Idee verwirklicht sah. Erst kurz
vor Ausbruch des Deutsch-französischen Krieges erfolgte endlich seitens der
deutschen Postverwaltung die Einführung der „Korrespondenzkarte". Wie
sehr die Post damit einem längstgefühlten Bedürfnisse entgegenkam, erhellt
daraus, daß gleich am ersten Tage der Einführung, am 25. Juni 1870,
allein in Berlin nicht weniger als 45000 Stück der neuen Karten verkauft
wurden. Noch deutlicher zeigte sich die Trefflichkeit der Postkarte während
des Krieges. Sie war es vor allem, welche den Verkehr unserer tapferen
Truppen mit den Lieben in der Heimat vermittelte. Durch die Leichtigkeit
ihrer Anwendung vermochte der Soldat im Felde recht oft Nachricht zu
senden; ja sogar nach eben beendeter Schlacht oder nahe dem Tode im
Lazarett, wo ein Brief der Umständlichkeit halber nicht zustande gekommen
wäre, vermochte der Krieger noch einige Worte auf die Postkarte zu
kritzeln. Der Umsatz an Postkarten betrug denn auch während der ersten
fünf Monate nicht weniger als 10 Millionen Stück.
Aber nicht nur für den Krieg, sondern hauptsächlich auch für die Zwecke
des Handels gewann die Postkarte weitgehende Bedeutung. Das Be-
dürfnis nach schriftlicher Mitteilung wuchs in demselben Verhältnis wir
die Leichtigkeit und Billigkeit der Beförderung.
Bald nach Deutschlands politischer Einigung erging auf Anregung
von Deutschlands tüchtigstem Postmann, dem weitschauenden Generalpost-
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