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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 323

1913 - Leipzig : Hahn
323 daraus Ringe, wofür mehr als 100 Taler gelöst werden. Was das arme Volk aufbringen kann, wird eingesendet, mit der größten Opferfreudigkeit gerade von kleinen Leuten. Die Ausrüstung der freiwilligen Jäger allein, und was sonst fiir die Freischaren in den alten Provinzen gesammelt wurde, muß weit über eine Million gekostet haben. Und sie begreift nur einen kleinen Bruchteil der fteiwilligen Gaben und Einsendungen, welche das Volk brachte. Und wie war das kleine Volk verarmt! Nahe aneinander lagen auf der Schmiedebrücke in Breslau die beiden Werbestellen für die fteiwilligen Jäger und das Lützowsche Freikorps. Beide Truppen wurden ganz durch vaterländische Gaben einzelner ausgerüstet. Zwischen den Lützowern und den Jägern war ein Wettstreit, ein freund- licher und mannhafter; aber auch hier brach wieder der Gegensatz in den Richtungen hervor: ob mehr deutsch, ob mehr preußisch, noch waren es nur verschiedene Brechungen desselben Lichtstrahls. Nicht gleich war das Schicksal der beiden Freiwilligenbüros. Aus den 10 000 freiwilligen Jägern, welche den Regimentern zugeteilt wurden, ging die Kraft des preußischen Heeres hervor, sie haben dem preußischen Kriege von 1813 nicht nur die stürmische Tapferkeit, auch den Adel und hohen Sinn gegeben, welcher in der Kriegsgeschichte etwas ganz Neues war. Die Freischar Lützows dagegen erfuhr, daß rauhes Schicksal den Schöpfungen höchster Begeisterung gern feindlich gegenübertritt. Ihre Kriegstaten entsprachen nicht der hochgespannten Erwartung, womit man ihre Rüstung begleitete; sie hat später einen Teil ihrer tüchtigsten Kräfte an andere Heerkörper abgegeben. Aber unter ihren Offizieren war der Dichter, der vor anderen bestimmt war, kommenden Geschlechtern den hinreißenden Zauber jener Tage im Liede zu überliefern, er selbst von vielen rührenden Jünglings- gestalten jenes Kampfes eine der reinsten und herzlichsten im Leben, Lied und Tod: Theodor Körner. Auch in der großen Stadt, wo der Freiwillige sich die Ausrüstung zu besorgen hatte, fand er nicht ein lärmendes Getöse aufgeregter Masten. Kurz und ernsthaft tat jeder seine Pflicht, ebenso er selbst. Wer kein Geld hatte, den unterhielt der fremde Kamerad, der zufällig mtt ihm zu- sammentraf. Die einzige Sorge des Ankommenden war, seine Ausrüstung zu finden. Hatte er zwei Röcke, so ließ er, als Lützower, schnell den einen schwarz färben und zurichten, sein größter Kummer war, ob die Patronentasche auch zur Zeit ferttg würde. Fehlte ihm alles und konnte ihm das Büro nicht sogleich den Bedarf geben, so wagte er nur selten ein Zeitungsinserat, in dem er bat. Sonst war ihm das Geld so wenig von Bedeutung als seinen Kameraden. Er behalf sich dürftig, was lag jetzt daran; für tönende Phrasen und pattiotische Reden hatte er keine Zeit und kein Ohr. Wer ja gespreizt einherging in kriegerischem Putz, wurde verlacht, alles Großtun und Säbelklirren war verächtlich. So war die Stim- mung der Jugend. Es war eine tiefe Begeisterung, eine innige Hingabe ohne das Bedürfnis des lauten Ausdrucks. Gustav Freytag. 21 *
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