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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 325

1913 - Leipzig : Hahn
325 befreiten treuen Stadt auf den Händen getragen wurden und dann bei Becher- klang und vaterländischen Gesängen nach altem Burschenbrauche die Nacht verbrachten. Dem Rausche der jugendlichen Lust folgte die ernste Arbeit, die blutigste des ganzen Krieges; denn wieder fiel dem Jorckschen Korps die schwerste Aufgabe zu. Als Jorck am Morgen des 16. in Schkeuditz unter seinen Fenstern zum Aufsitzen blasen hörte, da hob er sein Glas und sprach den Kernspruch seines lieben Paul Gerhardt: „Den Anfang, Mitt' und Ende, Herr Gott, zum besten wende!* Wohl mochte er sich einer höheren Hand empfehlen; denn unangreifbar, wie bei Wartenburg, schien wieder die Stellung des Feindes. Marmont lehnte sich mit seiner linken Flanke bei Möckern an den steilen Talrand der Elster, hatte die Mauern des Dorfes zur Verteidigung eingerichtet, weiter rechts auf den flachen Höhen eine Batterie von 80 Geschützen aufgefahren. Gegen diese kleine Festung stürmten die Preußen heran auf der sanft ansteigenden, baumlosen Ebene; sechsmal drangen sie in das Dorf und verloren es wieder. Endlich führte Jorck selber seine Reiterei zum Angriff gegen die Höhen unter dem Rufe: „Marsch, marsch, es lebe der König!" Nach einem wütenden Häuser- kampfe schlägt das Fußvolk den Feind aus dem Dorfe heraus; am Abend muß Marmont gegen die Stadt zurückweichen, 53 Kanonen in den Händen der Preußen laffen, und an den Wachtfeuern der Sieger ertönt das Lied: „Herr Gott, dich loben wir", wie in der Winternacht von Leuthen. Aber welch ein Anblick am nächsten Morgen, als die Truppen zum Sonntags- gottesdienst zusammentraten! Achtundzwanzig Kommandeure und Stabs- offiziere lagen tot oder verwundet; von feinen 12 000 Mann Infanterie hatte Dorck kaum 9000 mehr, seine Landwehr war im August mit 13 000 Mann ins Feld gezogen und zählte jetzt noch 2000. So waren an dieser einen Stelle die Verbündeten bis auf eine kleine Stunde an die Tore von Leipzig herangelangt. Im Südosten, auf dem Hauptschauplatze des Kampfes, bei Wachau, fochten die Verbündeten nicht glücklich. Hier hatte zwei Tage vorher ein großartiges Vorspiel der Völkerschlacht sich abgespielt, ein gewaltiges Reitergefecht, wobei König Murat nur mit Not dem Säbel eines Leutnants von den Neumärkischen Dragonern entgangen war. Heute hielt Napoleon selber mit der Garde und dem Kerne seines Heeres die dritthalb Stunden lange Linie von Dölitz bis Seifertshain besetzt, durch Zahl und Stellung den Verbündeten überlegen, 121000 gegen 113 000 Mann. Auf ihrem linken Flügel vermochten die Verbündeten, eingeklemmt in dem buschigen Gelände, ihre Macht nicht zu gebrauchen. General Merveldt geriet mit einem Teile seines Korps in Gefangenschaft; mtt Mühe wurden die Reserven dieser Österreicher aus den Auen über die Pleiße rechtsab auf die offene Ebene hinaufgezogen. Es war die höchste Zeit; denn hier im Zentrum konnten Kleists Preußen und die Ruffen des Prinzen Eugen sich auf die Dauer nicht behaupten in dem verzweifelten Ringen gegen die erdrückende Übermacht, die unter dem Schutze von 300 Geschützen ihre Schläge führte. Die volle Hälfte dieser Helden von Kulm lag auf dem Schlachtfelde. Schon glaubt Napoleon die Schlacht gewonnen, befiehlt
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