1913 -
Leipzig
: Hahn
- Hrsg.: Leipziger Fortbildungsschul-Direktoren und -Lehrern
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Fachschule, Gewerbeschule
- Regionen (OPAC): Dresden
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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3000 Mann der sächsischen Truppen an die Nordarmee an, mit ihnen
eine Reiterschar aus Schwaben, Die Preußen und Russen nahmen die
Flüchtigen mit Freuden auf; nur den Württembergischen General Nor-
mann, der einst bei Kitzen die Lützower verräterisch überfallen hatte, wies
Gneisenau mit verächtlichen Worten zurück. Friedrich Wilhelms Ehrlichkeit
aber hielt den Borwurf nicht zurück: wie viel edles Blut die Sachsen dem
Vaterland ersparen konnten, wenn sie ihren Entschluß früher, vor der
Entscheidung faßten! Der traurige Zwischenfall blieb ohne jeden Einfluß
auf den Ausgang der Völkerschlacht, aber es war doch wieder die Einsicht
erwacht, daß auch nach dem Untergange des alten Reiches die Deutschen
noch ein Vaterland besaßen und ihm verbunden waren durch heilige
Pflichten.
Gegen 5 Uhr vereinigte Bülow sein ganzes Korps zu einem ge-
meinsamen Angriff, erstürmte Sellerhausen und Stünz, drang am Abend
bis in die Kohlgärten vor, dicht an die östlichen Tore der Stadt. Da, als
auch Langeron auf der Rechten das hart umkämpfte Schönefeld endlich
genommen hatte und ebenfalls gegen die Kohlgärten herandrängte, war
Ney mit dem linken Flügel der Franzosen auf seiner ganzen Linie ge-
schlagen. Durch diese Niederlage war Napoleons Stellung im Zentrum
unhaltbar. Noch am Abend befahl er den Rückzug des gesamten Heeres,
illun wälzten sich die dichten Massen der geschlagenen Armee durch drei
Tore zugleich in die Stadt hinein, um dann allesamt in entsetzlicher Ver-
wirrung auf der Frankfurter Sttaße sich zu vereinigen. Die Hundert-
rausende, die beim Feuerscheine von zwölf brennenden Dörfern auf dem
teuer erkauften Schlachtfelde lagerten, empfanden ttef erschüttert den
heiligen Ernst des Tages; unwillkürlich sttmmten die Ruffen eines ihrer
frommen Lieder an, und bald klangen überall, in allen Zungen der Völker
Europas, die Dankgesänge zum Himmel auf. Die Sieger beugten sich
unter Gottes gewaltige Hand; recht aus dem Herzen der frommen be-
wegten Zeit heraus sang der deutsche Dichter:
O Tag des Sieges, Tag des Herrn,
wie feurig schien dein Morgenstern!
in.
Nur der Feldherr, der von Amts wegen als der Besieger Napoleons
gefeiert wurde, vermochte die Größe des Erfolges nicht zu fassen. Schwarzen-
berg weigerte sich, die noch ganz unberührten russischen und preußischen
Garden zur Verfolgung auszusenden — nicht aus Arglist, wie manche
der grollenden Preußen annahmen, sondern weil sein Kleinmut die Ge-
schlagenen nicht zur Verzweiflung treiben wollte. Blücher hatte den Tag
über wegen des verspäteten Eintteffens der Nordarmee sein kleines Heer
zusammenhalten müssen, um einen Ausfall in der Richtung auf Torgau,
den man noch immer befürchtete, zurückweisen zu können; darum ward
Jorck erst am Abend auf dem weiten Umwege über Merseburg dem
fliehenden Feinde nachgesendet. Also konnte Napoleon noch 90000 Mann,
fast durchweg Franzosen, aus der Schlacht retten. Die Deckung des