1913 -
Leipzig
: Hahn
- Hrsg.: Leipziger Fortbildungsschul-Direktoren und -Lehrern
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Fachschule, Gewerbeschule
- Regionen (OPAC): Dresden
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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hier befinden sich 50 gefangene Offiziere. — Aber nun die Rückseite der
Medaille! Unser Verlust, der noch nicht ermittelt, er wird hoch sà.
Das erste Garderegiment hat solche Verluste, daß aus zwei Bataillonen
eins gebildet ist. In welcher Aufregung ich war, kannst Du denken.
Und zwar der gemischtesten Art! Freude und Wehmut! Endlich be-
gegnete ich noch spät 8 Uhr Fritz mit seinem Stabe. Welch à Moment
nach allem Erlebten und am Abende dieses Tages! Ich übergab ihm
selbst den Orden pour le mérite, sodaß ihm die Tränen herabstürzten;
denn er hatte mein Telegramm mit der Verleihung nicht erhalten. Also
völlige Überraschung! — Einstens alles mündlich. Erst um 11 Uhr war
ich hier, ohne alles, sodaß ich auf einem Sofa kampierte."
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Ein Augenzeuge der Schlacht bei Königgrätz schließt seinen Bericht
' mit folgenden Worten:
„Es war Nacht; grau und tonlos lag die Landschaft da; nur am
westlichen Himmel verblaßten noch lange Streifen der letzten, roten Wolken;
unheimlich, wie große Fackeln leuchteten die brennenden Dörfer in der
Runde; am ganzen Horizonte blitzte es von unzähligen kleinen Lager-
feuern. Da lockten die Tambours zum Zapfenstreich: die Bataillone traten
in Mänteln an; auf das laute Geräusch des Lagers folgte das Kommando:
„Stillgestanden!" und der Abendappell. Die Trommeln schlugen zum
Gebete. Die schöne, ernste Weise des Chorals: Nun danket alle Gott!
wurde von den Musikern angestimmt und setzte sich die langen, langen
Reihen immer weiter fort, sodaß sie endlich, als in der Mitte des Lagers
ihre letzten Töne verhallten, bei den Regimentern am äußersten Flügel
noch feierlich nachklang: ein Schlummerlied denen, die zur ewigen Ruhe
hingebettet lagen, ein Trostgesang den Leidenden, den Lebenden à Dank-
gebet. Vom dunkelblauen Himmel glänzten die ruhigen Sterne niete
auf das dampfende Schlachtfeld, und ein ganzes Volk in Waffen, ein
Volk von Siegern, schaute betend zu ihnen empor."
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Sechs Tage nach der Schlacht schrieb Graf von Bismarck an seine
Gemahlin:
„Hohenmauth, Montag, den 9. Juli 1866.
... Uns geht es gut; wenn wir nicht übertrieben in unseren An-
sprüchen find und nicht glauben, die Well erobert zu haben, so werden
wir auch einen Frieden erlangen, der der Mühe wert ist.
Die Österreicher stehen in Mähren, und wir sind schon so kühn,
daß für morgen unser Hauptquartier da angesagt wird, wo sie heute noch
stehen. Gefangene passieren noch immer ein und Kanonen fett dem 3.
bis heute 180. Holen die Österreicher ihre Südarmee hervor, so werden
wir sie mit Gottes gnädigem Beistände auch schlagen.
Das Vertrauen ist allgemein. Unsere Leute sind zum Küffen. Jeder
so todesmutig, ruhig, folgsam, gesittet, mtt leerem Magen, naffen Kleidern,
nassem Lager, wenig Schlaf, abfallenden Stiefelsohlen, freundlich gegen