1913 -
Leipzig
: Hahn
- Hrsg.: Leipziger Fortbildungsschul-Direktoren und -Lehrern
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Fachschule, Gewerbeschule
- Regionen (OPAC): Dresden
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Die Stille der Versammlung hielt noch einen Augenblick
an. Da rief der Großherzog von Baden: »Seine Kaiserliche und
Königliche Majestät, Kaiser Wilhelm, lebe hoch!' und entzündete
die allgemeine Begeisterung. Die Musik spielte »Heil dir im
Siegerkranz“, der Kronprinz aber beugte sein Knie, um als der
erste dem kaiserlichen Vater zu huldigen und ihm die Hand zu
küssen, doch dieser hob ihn auf, zog ihn an seine Brust und
küßte ihn auf beide Wangen. Drauf reichte er dem Schwieger-
söhne die Hand und ebenso den andern anwesenden Fürsten.
Die Geistlichen und die Offiziere traten einzeln und in Gruppen
heran, verbeugten sich und schritten zur Seite. Doch bald stieg
der Kaiser herab mitten unter die Seinen und ging durch die
Reihen, mit Offizieren und Gemeinen leutselig sprechend. Unter
den Klängen des Hohenfriedberger Marsches verließ der hohe
Herr, begleitet von den Prinzen und Fürsten, den Festsaal.
_______________ Staude und Göpfert.
Die Anbahnung des Verständnisses der humanen
wirtschaftlichen und politischen Aufgaben, die einer
Nation nach den Gesetzen ihrer geschichtlichen Ent-
wickelung gestellt find — ohne diese Schule gelangt kein
Volk zum rechten Gebrauch der ihm verliehenen politischen
Rechte. Schulze-Lklitzsch.
148. Kaiser Wilhelm I.
Kaiser Wilhelm war von hoher, edler Gestalt. Wer das Glück
hatte, ihn zu sehen, mußte staunen über die straffe, soldattsche Haltung
des Heldengreises. Mit einem echt königlichen, majestätischen Wesen
vereinigte er die größte Milde und Leutseligkeit. Andern Freude zu
machen, war seine Lust, und auch für Kinder hatte er oft ein freund
liches Wort. Wenn er in Ems im Bade war und spazieren ging,
streckten ihm die Emser Büblein nicht selten zuttaulich die Hand ent-
gegen, die er dann mit freundlichem Lächeln herzlich schüttelte. Der
Kaiser hatte ein kindlich frommes Herz. Ihn hatte das Glück nicht
übermütig, der Ruhm nicht stolz gemacht. Sein Wahlspruch war:
„Gott mit uns!" Wenn der Kaiser in Berlin wellte, so bewohnte er
nicht das prächtige Königliche Schloß, sondern sein einfaches Palais
am Eingänge „Unter den Linden", dem Denkmale Friedrichs des
Großen gegenüber. Das erste Fenster links in der Front ist das
„historische Eckfenster", nach welchem die Fremden in Berlin oft
stundenlang hinüberschauten, um ihren geliebten Kaiser zu sehen, wenn
er vom Arbeitsüsche aufstand und einmal ans Fenster ttat, um sich
zu erholen. So oft sich der Kaiser zeigte, brausten ihm Jubelrufe
entgegen, und manche Mutter hob ihr Kind auf, daß es des alten
Kaisers freundliches Gesicht sähe.
Der Kaiser Wilhelm war in allem sehr einfach. Als Schlafstätte