1913 -
Leipzig
: Hahn
- Hrsg.: Leipziger Fortbildungsschul-Direktoren und -Lehrern
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Fachschule, Gewerbeschule
- Regionen (OPAC): Dresden
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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wir müssen dauernd bestrebt sein, jeder Verbindung anderer Mächte ge-
wachsen zu sein, wegen unserer geographischen Lage müssen wir noch größere
Anstrengungen machen als andere Mächte zu gleichem Zwecke, wir liegen
mitten in Luropa. wir haben mindestens drei Angriffsfronten. Frankreich
hat nur seine östliche Grenze, Rußland nur seine westliche Grenze, auf der es
angegriffen werden kaum
Gott hat uns in eine Lage gesetzt, in welcher wir durch unsre Nachbarn
daran verhindert werden, irgendwie in Trägheit oder Versumpfung zu geraten.
Gr hat uns die kriegerischste und unruhigste Nation, die Franzosen, an die Seite
gesetzt, und er hat in Rußland kriegerische Neigungen groß werden lassen, die
in früheren Jahrhunderten nicht in dem Maße vorhanden waren. So bekommen
wir gewissermaßen von beiden Seiten die Sporen und werden zu einer An-
strengung gezwungen, die wir sonst vielleicht nicht machen wurden, wir hatten
früher eine Menge Geländer, an die wir uns halten konnten, und eine Menge
Deiche, die uns vor den wilden europäischen Fluten schützten, wir hatten An-
lehnung an Rußland und Österreich, und vor allen Dingen, wir hatten die
Garantie der eigenen Schüchternheit, daß wir niemals eine Meinung äußerten,
bevor die anderen gesprochen hatten. (Heiterkeit.) Das alles ist uns abhanden
gekommen (Sehr gut I rechts); wir müssen uns selber helfen.
wenn wir die Isolierung, die gerade in unserer angreifbaren Lage für
Deutschland besonders gefährlich ist, verhüten wollen, so müssen wir einen
ficheren Freund haben, wie sehr unser Vertrag mit Österreich der Ausdruck
des beiderseitigen Interesses ist, das hat sich schon (t8«e) in Nikolsburg und hat
sich \870 gezeigt.
Durch die Annahme dieses neuen Gesetzes gewinnt das Bündnis, in dem
wir stehen, außerordentlich an Kraft. Diese gewaltige Verstärkung wird, wie
ich hoffe, auch beruhigend auf unsere eigenen Landsleute wirken.
wenn Sie sich nun wirklich den Fall denken, an den ich nicht glaube, daß
wir von zwei Seiten gleichzeitig überfallen werden, wenn dar eintritt, so können
wir an jeder unserer Grenzen eine Million guter Soldaten in Defensive haben,
wir können dabei Reserven von einer halben Million und höher, auch von einer
ganzen Million im Hintergründe behalten und nach Bedürfnis vorschieben. Man
hat mir gesagt: Das wird nur die Folge haben, daß die andern auch noch höher
steigen. Das können sie nicht. Die Ziffer haben sie längst erreicht. In der
Ziffer sind sie ebensohoch wie wir, aber in der Dualität können sie es «ns
nicht nachmachen. Die Tapferkeit ist ja bei allen zivilisierten Nationen gleich;
der Russe, der Franzose schlagen sich so tapfer wie der Deutsche; aber unsere
Leute, unsere 700 ooo Mann find kriegsgediente Soldaten, die noch nichts
verlernt haben. Und was uns kein Volk in der Welt nachmachen kann: wir
haben das Material an Offizieren und Unteroffizieren, um diese ungeheure
Armee zu kommandieren. Das ist, was man uns nicht nachmachen kann.
Dazu gehört das ganz eigentümliche Maß der Verbreitung der Volksbildung in
Deutschland, wie es in keinem andern Lande wieder vorkommt. Das Maß von
Bildung, das erforderlich ist, um einen Offizier und Unteroffizier zum Kommando
zu befähigen nach den Ansprüchen, die der Soldat an ihn macht, existiert bei
uns in sehr viel breiteren Schichten als in irgendeinem anderen Lande.
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