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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 381

1913 - Leipzig : Hahn
381 „Schand' keine", sagte ich und wendete mein Auge nicht von den Zeilen, die zum Teil gedruckt und zum Teil geschrieben waren, „da schon eher eine Ehr'. Stellen muß ich mich." Der Zettel lautete: Vorrusung. Rosegger, Peter, Haus-Nr. 18 in Alpel, im Jahre 1843 geboren, von der Gemeinde Krieglach, hat behufs seiner Militärwidmung am 14. März 1864, vormittags 8 Uhr am Assentierungsplatze zu Bruck rein gewaschen und in gereinigter Wäsche verläßlich zu erscheinen, widrigens rr als Rekrutierungsflüchtling behandelt werden und sich die diesfälligen gesetzlichen Folgen zuzuschreiben haben würde. Kindberg, den 15. Februar 1864. (Los-Nr. 67. Der k. ?. Bezirksvorsteher. Altersklasse I.) Weftreicher m. p.*) Jetzt war schon auch die Mutter da. Sie konnte es nicht glauben. — Wie lang tät's denn her sein, daß ich Ueber (kaum) ein Halterbübl wär' gewesen. Und jetzt auf einmal Soldat! „Noch ist er's nicht", sagte mein Vater. „Lass nur Zeit", er- widerte die Mutter. „Und schau ihn nur an. Den schicken sie dir nicht mehr heim. Jesus Maria, und die Brust wachst sich jetzt auch aus. Dein schmales Brüste! ist mir allerweil mein Trost gewesen. Daß du letzt' Jahr aber gar soviel daher gewachsen bist!" Ich war aus dem Bett gesprungen, wußte aber nicht, wie ich mich gegen den Vorwurf der trostlosen Mutter verteidigen sollte. Bis zum 14. März waren noch mehrere Wochen. Die Mutter wollte, daß ich gar nicht mehr auf die Ster**) gehen, sondern zu Haufe bleiben sollte, damit sie mich die kurze Zeit noch um sich hätte. Mein Lehrmeister war immer gütig, er gab ihr nach. Sie verlor sich in Sinnen und Plänen, wie sie mir diese Zeit, die letzte, die ich um sie sein sollte, angenehm machen könne. Sie besann sich auf all meine Lieblings- speisen. Sie sprach die Botengeherin an, daß sie ihr rote Rüben und gettocknete Kirschen verschaffe, Dinge, die meinem Gaumen damals zur Lust gewesen sind. Sie streute den Hühnern Hafer über Hafer vor und »uchte ihnen zu bedeuten, daß ihnen den ganzen nächsten Sommer über die Pflicht erlassen sei, nur jetzt in dieser großen Zeit sollten sie Eier legen, sonst wisse sie sich nicht anders zu helfen als Kopfabhacken; denn der Kaiserliche, wenn er keine Eierspeise kriege, so esse er auch gebratene Hühner, und wären sie noch so alt und zäh; man glaube nicht, was so ein junger Mensch, der just im Soldatwerben ist, für Zähne hat! Ich nahm damals, als die Rekrutierung bevorstand, die Güte der Mutter ziemlich gleichgültig hin, und anstatt bei ihr zu Hanse zu bleiben, ging ich zu den Nachbarn und machte Gemeinschaft mit den Burschen, welche, wie ich, die Vorrusung erhalten hatten. *) manu propria, mit eigener Hand. **) Stubenarbeit.
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