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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 407

1913 - Leipzig : Hahn
407 bedienen läßt, die anderswo ausrissen, einbrachen, stahlen, töteten oder sonstwie mit irgendeiner Autorität in Widerspruch gerieten; sonderbarer noch, daß uns immer wieder Kerle zulaufen, welche die härteste Strapaze nicht schreckt, die ihr Leder zum Schinder tragen ... Wirklich eigentüm- lich." Maillard polterte stiernackig beschränkt, blau wie zum Schlagfluß geneigt: „Gesindel, nichts weiter! Gesindel, das hier säuft und frißt und faulenzt, froh, daß wir ihm den Staatsanwalt vom Leibe halten." „Gesindel? Vielleicht wohl nur zum Teil." Der Oberst liebte es, dem pöbelhaften Gröhlen des Hauptmanns die feingeschliffene Form gegenüberzustellen: „Dieser und jener fände gewiß ein besseres Unterkommen in der Union, die auch nicht skrupelvoll ist und energische Deutsche, wenn sie rasch zu Amerikanern werden, stets brauchen kann. Schauen Sie zum Beispiel Herrn von Grimpitz an, lieber Freund — preußischer Junker, Leutnant! ..." „Weggejagt!" „Gewiß, weggejagt; wegen einer Lappalie wahrscheinlich, denn bekanntlich sind sie jenseits des Rheins in punkto Offiziersehre sehr- streng, und was bei uns drei Tage Mittelarrest absetzt, zerbricht drüben den Degen . . . Und dann der Bruggraber, der Wetterte — eine Un- besonnenheit, ein dummer Streich, Jugendsünden, seichte Ritzer am Kerb- holz trieben sie fort!" Maillard hatte eine unhöfliche Ironie: „Und der Wachsmann leerte eine Kasse aus, die zufällig nicht ihm gehörte, und der Berger," — der Hauptmann sagte weich „Berschö" — „der mit dem Hammer statt auf den Nagelkopf auf den Kopf seines Werkmeisters los- trommelte !" In diesem Stadium des Gespräches Pflegte der Oberst der Diskussion müde zu werden: „Meines Wissens sprach ich vom Grimpitz und den anderen anständigen Elementen, die Handgeld nahmen." — Jedenfalls kochte das Blut in der Legion. Die zermürbenden Arbeiten verstimmten, der Gamaschendienst wiegelte auf, und der Cafard, der heiße Tropenkoller Nordafrikas, machte die Leute verrückt; manche desertierten, manche lachten krampfhaft, weinten bitterlich, gerührt von einem abgerissenen Knopf, oder deklamierten feierlich Kinder- gedichte; die Kränksten schlichen totenblaß und torkelnd mit verquollenen Lidern und des Denkens überdrüssig dahin; hochgespannte, zweibeinige Maschinen. „Gibt es denn keinen Krieg? Wenn's nur Krieg gäbe!" zischelte es; es zischelte auch wütend auf diesem Zickzackmarsch Süd-Nord-Süd, und die Schultern wechselten das pendelnde Gewehr. Wachsmann stichelte den knirschenden Grimpitz, dessen Bildung ihm imponierte, dessen Fäuste er fürchtete, und vorsichtig reizte er den Kameraden, der ihn duzte, den er aber respektvoll „Baron" nannte: „Se hätten in Preußen bleiben sollen, Herr Leitenant; da führen se immer Krieg; gegen de Dänemärker und gegen de Österreicher. Heute könnten Se Ober- Htenant sein oder gar Rittmeister und hätten ä schöne Frau Gemahlin, Pferde, Hunde, Kinder und ä prachtvolles Schloß." „Kusch, Jud!" Am wenigsten vertrug Grimpitz das Herumtasten m seiner Vergangenheit.
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