1904 -
Bautzen
: Hübner
- Autor: Welzel, Bert, Mühlan, Alois
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Landwirtschaftliche Winterschule, Ackerbauschule, Ländliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): Jungen
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der am meisten gefährdeten Seite liegt. Sie hat hier eine Dicke von
3—4 Metern und eine Länge von 20 Metern. Ihre Verteidiger
werden durch Zinnen gegen die feindlichen Geschosse geschützt. Auf
ihrer Plattform wandeln gern die Frauen, um frische Luft zu schöpfen
oder dem Turniere zuzuschauen. Zur Verteidigung ist die Ringmauer
mit einem gedeckten Wehrgange gekrönt, der an der Ecke in einen
festen Turm mündet. Neben dein Bergfried liegt der tiefe Zieh-
brunnen, den die alte Burglinde beschattet. — Nun wenden wir
uns dem Hauptgebäude zu, dem Palas (Palatium). Sein helles,
weithin leuchtendes Dach mit vielen Türmchen und Erkern entzückt
das Auge des Wanderers schon von weitem. Im Erdgeschoß des
Palas befindet sich die Küche, wo das Fleisch von den Köchen am
Spieße gebraten wird; das Feuer wird mit Stahl, Feuerstein und
Zunder entzündet.
Im ersten Stocke des Palas ist der große Rittersaal, dessen
Ursprung wohl in der „Diele" des altgermanischen Wohnhauses zu
suchen ist. Er ist der Mittelpunkt des öffentlichen Lebens, dem: hier
empfängt der Burgherr seine Gäste, hier finden die Festlichkeiten statt.
Zahlreiche, nach der Außenseite hin kleine Fenster mit tiefen Nischen,
zu deren Seiten Sitzbänke angebracht sind, lassen das Licht in den
Saal fallen. Diese Fenster bestehen in kleiner: Burgen aus Pergament
oder Schweinsblasen, denn das Fensterglas wurde erst seit dem
15. Jahrhundert billiger. Der Saal ist in: ganzen recht leer und
ungemütlich, nur rings an den getünchten oder bemalten und mit
Waffen geschmückten Wänden befinden sich Sitzbänke. Zum Ehen
werden Tische und Bänke jedesmal hereingebracht. Hauptschmuck des
Saales ist der große Kamin mit seinem offenen, wenig wärmenden
Feuer, vor welchem der Burgherr au langen Winterabenden, bei:::
Scheine der Wachskerzen mit Familie und Gästen plaudernd, saß und
speiste. Bei größeren Festen erhellen Wand- und Kronleuchter mit
Wachslichtern den Saal, oft nur spärlich.
Über dem Saale liegen die Kemenaten, heizbare Zimmer,
benützt als Familienwohnräume, Schlafzimmer für Herrichast und
Gäste, Frauengemächer. Fast in jeder Kemenate erblicken wir Truhen
für Kleider und als das kostbarste Möbel ein hohes, breites Hiuunel-
bett, welches auch au: Tage als Sofa benutzt wird. Matratze, Better:
Kissen und Decker: warei: nicht selten arrs Seide mit Pelzwerk und
Goldstickerei. Teppich, Bank und Schemel vor den: Bett, sowie
Kleiderhaken in der: Wänden dienen der Bequemlichkeit. In der