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1. Deutsches Lesebuch für landwirtschaftliche Winterschulen, Ackerbauschulen und ländliche Fortbildungsschulen - S. 110

1904 - Bautzen : Hübner
110 ausgereisten Mannesalter; er wird fortgesetzt bis an die Schwelle des Grabes. Ein solches Lernen aber, an solcher Stelle, in solchem Lebens- alter, ist immerzugleich ein Kampf: ein Kampf gegen sich selbst, gegen die eigene Vergangenheit, gegen festgewurzelte Neigungen, Überzeugungeu, Ideale, die höheren Zwecken zum Opfer gebracht werden müssen. Dieser preußische General ioar herangewachsen in den Über- lieferungen des altpreußischen Königtums. Den drängenden Ideen der modernen freiheitlicheren Zeitströmung des sog. Liberalismus, die sich seit 1830 immer ungestümer in den Vordergrund stellten, stand er zunächst fremd und ablehnend gegenüber; seiner Ansicht nach fanden die gesunden und berechtigten Wünsche des Liberalismus ihre beste Vertretung in einem starken, pflichttreuen Königtum. Mit schwerern Herzen beugte er sich aber schließlich doch dem Lieblingsprojekte seines königlichen Bruders Friedrich Wilhelm Iv., der landständischen Ver- fassung, ja er trat sogar in den vereinigten Landtag ein und wohnte den Sitzungen bei. Er fühlte, daß damit eine neue Zeit hereinge- brochen war. „Das alte Preußen", war sein Wort, „geht mit der Veröffentlichung dieses Gesetzes zu Ende, ein neues Preußen wird sich jetzt bilden; möge das neue so erhaben und groß werden, wie es das alte mit Ehre und Ruhm geworden ist." Es war ein gewaltsames Losreißen von festgegründeten Über- zeugungen eines fünfzigjährigen Lebens. Dann kam der nod) viel tiefere Riß, den die 48 er Revolution brachte. Als der sinn- und grundlos gehaßte „Kartätschenprinz" aus der Verbannung nach England, in die ihn die blinde Wut der be- törten Massen getrieben, in das Vaterland zurückkehrte, brachte er die schwer erarbeitete Gewißheit mit, daß die Tage des alten patriarchali- schen Königtums für Preußen unwiederbringlich vorüber seien. Mit mannhafter, offener Erklärung stellt er sich „als erster Untertan des Königs" auf den Boden der vom Könige gewährten politischen Reform. Trotzdem waren diese gramvollen Revolutionsjahre für den Prinzen nicht ohne Nutzen: erst von hier an tritt er der deutschen Frage näher; unerschütterlich stand ihm von da die Ueberzeugung fest, daß Preußen die Pflicht und den Beruf habe, „in der Regelung der Zukunft Deutschlands die Initiative zu ergreifen." Als nach der Trübsal der fünfziger Jahre Erkrankung und Tod des Bruders ihn erst zur Stellvertretung, dann durch das dichte Ge- strüpp feindseliger Ränke hindurch zur Regentschaft und endlich auf
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