1904 -
Bautzen
: Hübner
- Autor: Welzel, Bert, Mühlan, Alois
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Landwirtschaftliche Winterschule, Ackerbauschule, Ländliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Das Gouvernement wird von dem weit ausgedehnten botanischen
Garten umgeben, der unter Leitung des Dr. Preuß steht; die Anlage
inacht schon rein äußerlich einen großartigen Eindruck durch ihren
Umfang, nicht minder aber durch die verständnisvolle Bewirtschaftung.
Hier werden Erfahrungen über die Einwirkungen des Kameruner
Regenklimas auf Nutzpflanzen, die im Schutzgebiet nicht heimisch sind,
gesammelt und bereitwillig den Pflanzern übermittelt. Wenn die
Kakaoerzeugung der Kolonie einen ähnlichen Aufschwung genommen
wie auf Fernando Po, wenn sie jetzt schon Erträge abwirft, ivelche
die Hoffnung erwecken, daß die Kolonie in absehbarer Zeit sich aus
eigenen Mitteln erhält, so soll dabei nicht vergessen werden, daß die
im botanischen Garten mit den verschiedensten Kakao-Arten gemachten
Vorversuche die wertvollsten Winke abgaben.
Wenn jemand glauben sollte, daß ein botanischer Garten, in
welchem Pflanzungen von Kakao, Kaffee, Vanille, Pfeffer, Gewürz-
nelken, Tabak, Baumwolle, Kautschukbäumen, Bananen und sonstigen
tropischen Nutzpflanzen angelegt wurden, einen wenig malerischen Ein-
druck darbietet, so wird er sich auf das angenehmste enttäuscht finden.
Überall drängen sich in den Garten wie in die angrenzenden Kakao-
plantagen die Urwaldriesen ein, welche man als willkommene Schatten-
spender schont. Bei einem durch den Garten und die Kakaoplantagen
der Westasrikanischen Plantagengesellschaft unternommenen Ritt war
es weniger die Kultur als die heimische Pflanzenwelt, die fast sinn-
berückend unsere Aufmerksamkeit fesselte. Jene gewaltigen Baumriesen,
umrankt von Lianen und übersät von darauf wuchernden Orchideen
und Farnen, jener Wechsel von Landschaftsbildern, welche die in
üppiger Fülle strotzende Vegetation am Limbefluß schasst, das alles
wirkte berauschend. Der für unerfüllbar gehaltene Traum der Jugend
war verwirklicht, und in berückender Pracht eröffnete sich der Einblick
in ein Urwaldgebiet, das an wuchtiger Entfaltung und an Reichtum
von Formen aus Erden seinesgleichen sucht. Weder am Kongo noch
auf Sumatra und Ceylon und den übrigen Inseln des Indischen
Ozeans wurden uns Vegetationsbilder geboten, die den Vergleich mit
dem Kameruner Urwald ausgehalten hätten. Einer meiner Reise-
gefährten, der die südamerikanischen und hinterindischen Urwälder
durchwandert hatte, versicherte mir, daß die Waldregion des Kamerun
piks sich ebenbürtig den großartigsten Szenerien dieser vielgepriesenen
Zonen zur Seite stelle. C. Chun.
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