1910 -
Zweibrücken
: Kranzbühler
- Autor: Salzgeber, Franz
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Sonntagsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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83. Ms ich zum Pfluge kam.
?>as ist eines der allerkürzesten, aber der allerwichtigsten Kapitel-
^ es führt mich aus der ersten kindlichen Iugend und aus der hirten-
zeit hinaus zur zielbewußten Hrbeit und zur jungen Mannbarkeit.
Ls bedurfte vieler Ränke, bis ich's vom Rinderhirten zum Pflüger
brachte. Ich mußte mir den Fuß verstauchen, daß ich den Tieren
nicht mehr entsprechend nachlaufen konnte,' ich mußte auf der Meide
Vogelnester entdecken, wodurch mein jüngerer Bruder geneigt wurde
an meiner Statt das Hirtenamt zu übernehmen; ich mußte endlich
den Knecht Markus, der sonst den Pflug geleitet hatte, gewinnen, daß
er versicherte: 's wär' ein bequemes Zeug, ließe sich handhaben wie
ein Taschenfeitel* und ich, der junge Bub', sei leidlich genug stark
und geschickt den Pflug zu führen.
Und ich stand da und streckte mich, daß ich dem langen Markus
mindestens bis an die Rchsel langte, und ich schüttelte einen Zaunstecken,
daß er ächzte — zum Beweise meiner Reife für den Pflug. Über mein
Vater lachte und rief: „Geh, du bist ein kleiner prahlhansel! Mär'
not, es tät' dir noch alle Tage ein anderer dein Hösel stäuben. Ra ja,
und jetzt will er den Rusgewachsenen spielen. Ist recht, pack' nur an,
wird nicht lange dauern!"
Ruf dem Rcker war's gesprochen. Der Markus stand zurück
und ich packte den Pflug bei den hörnern, vom Markus hatte sich
das Zeug wie ein Spielwerk handhaben lassen,' es war als hielte er
sich nur des Vergnügens wegen an die Griffe. Ietzt war's eine andere
Rrt. Die Rinder zogen an. Mich schleuderten die handhaben nach
rechts und nach links,' der Pflug wollte aus dem Geleise steigen und
meine Barfüßlein kamen etlichemal unter die Lrdsohle. „Tr ist zu
gering beim Griff!" hörte ich den Vater und den Knecht noch lachen,'
das Mort weckte mich. Ls handelte sich um meine Lhre, um meine
Mannhaftigkeit. Nicht mehr der halterbub' wollte ich sein, der am
Tisch an der untersten Lcke sitzen mußte, der nirgends ein Mörtlein
mitsprechen durfte, der, wußte er was Gescheites, dasselbe mit den
Kälbern und Schafen bereden konnte. Mein Sinn stand nach dem
höchsten; groß, stark und selbständig wollte ich sein wie der Meid-
knecht. Und siehe, der Mensch wächst mit seinen höheren Zwecken.
Ich führte den Pflug und schnitt eine leidliche Furche. Die ausgeacker-
ten Regenwürmer hoben verwundert die Köpfe um zu sehen, wer heute
ackere.
Feitel = Messer.