1910 -
Zweibrücken
: Kranzbühler
- Autor: Salzgeber, Franz
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Sonntagsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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langte Geld sich Güter zu verschaffen, die zum Leben nötig sind
oder zur Bequemlichkeit und zum Vergnügen dienen. Allein Robinson
war infolge seiner Einsamkeit nicht einmal in der Lage sich durch
Tauschhandel, der doch bei den ungebildetsten Völkern gang und gäbe
ist, Güter zu erwerben. Glücklich hätte sich der einsame Mann ge-
priesen, wenn ihm wenigstens diese Art des Erwerbes offen gestanden
hätte; freilich sind die Tauschmittel gewöhnlich nach Beschaffenheit
und Wert so verschieden, daß das gegenseitige Abwägen sehr umständ-
lich ist, und es können leicht Meinungsverschiedenheiten und Streit
entstehen.
Die .Weißen, die später auf die Insel kamen, ließ Robinson
aus freien Ztücken in den Genuß seiner Rechte treten. Als er endlich
das Eiland verließ, trat er ihnen sein Anrecht auf die Insel ab und
sein gesamtes Eigentum, die Früchte seiner jahrelangen Mühe und
Arbeit, fiel seinen Genossen durch Schenkung oder Vermächtnis zu,
geradeso wie Eltern ihren Rindern den Besitz übergeben, den sie er-
worben haben.
Man kann also auf sehr verschiedene Weise zu Eigentum kom-
men; immer aber muß dem Erwerb von Eigentum ein zureichendes
Recht zugrunde liegen. Das Gefühl für dieses Recht ist tief in der
menschlichen Natur begründet, weshalb es sich auch beim Rinde und
beim ungebildeten Menschen lebhaft geltend macht. Deshalb stellt
das Zittengesetz das Eigentum als unverletzlich hin und darum bilden
bei allen gesitteten Völkern die Bestimmungen über das Eigentum
einen wichtigen Teil ihrer Gesetze. Wird einem jeden der Besitz seines
Eigentums und das verfügungsrecht darüber durch das Gesetz ge-
währleistet, so erwachsen dadurch für den einzelnen wie für die Ge-
samtheit große Vorteile. Welche Völker sind die wohlhabendsten?
Diejenigen, bei denen jedem Volksgenossen die größte Sicherheit
seines Eigentums geboten wird. Wer würde einen Baum pflanzen,
wenn jeder Vorübergehende die Früchte ungestraft brechen dürfte?
Wer würde ein Pferd aufziehen, wenn es der Nachbar ohne weiteres
vor seinen Pflug spannen dürfte? Wer würde ein Haus bauen, wenn
irgend ein Fremder ihn daraus vertreiben dürfte? An den Erwerb
von Vorräten würde man dann erst recht nicht denken können und
von einem gegenseitigen Austausch der Güter könnte nicht die Rede
sein; kurz, Handel und Verkehr und jeder Fortschritt der Rultur
wären unmöglich.
Da es geistige Arbeit gibt, so kann man auch von geistigem
Eigentum sprechen. Wird sachliches Eigentum auf einen anderen über-