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1910 -
Nürnberg
: Korn
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1894
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Mädchenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Sammelbecken teils durch Maschinenkraft teils durch eigenes
Gefall in die vier Sudhäuser Reichenhalls, der Rest nach Traun-
stein und Rosenheim geleitet. In den Sudhäusern vollzieht sich
die Gewinnung des Kochsalzes. Die minder ergiebigen Salzquellen
hat man zu Kur-Zwecken nach dem Gradierwerk geleitet, wo sie
an den Dornen zerstäuben und abtropfen. Reichenhall liefert
jährlich 200000 Zentner Salz. Dieser Gewinn kommt dem
bayerischen Staate zugute. Wegen seiner herrlichen Lage und
der reinen Luft sowie wegen des Solbades wird Reichenhall von
vielen Sommerfrischlern und Kranken besucht. Nach dem großen
Brande im Jahre 1834 wurde es völlig neu aufgebaut. Es
besitzt eine sehr gut wiederhergestellte romanische Kirche mit
prächtigen Fresken. Auch das uralte Gotteshaus des einstigen
Angustinerklosters und die neuerbaute protestantische Kirche sind
sehenswert. Brennpunkt für die Fremden ist natürlich der schöne,
doch einfach angelegte Kurgarten mit dem Gradierwerk.
Überreich ist die Fülle der Ausflugsziele für den, der
Reichenhall zum Sommeraufenthalt erwählt hat. Besonders
lohnend sind die Wanderungen zu höheren Almhütten. Die
Pfade winden sich zwischen Felsmauern hindurch; Wasserfälle
rauschen; dicht bedeckt sind da und dort die Wände mit Alpen-
veilchen, Alpenrosen, Enzian und anderen würzigen, bunten
Blütenpflanzen. Eine zierliche Hütte grüßt von einem Vorsprung
den Wanderer. Vor der Tür blinken sauber gescheuerte Kessel
und Melkgefäße. Bald hören die Hütten auf. Wilder wird es
auf den Höhen, fast undurchdringlich scheint der an schroffen und
steil niederstürzenden Geröllwünden sich anklammernde Wald zu
sein. Da gibt es kein Roden noch Aufforsten. Was der Sturm
herauswühlt und das Alter knickt, das stürzt krachend nieder, im
Falle eine Reihe Nachbarstämme mit niederreißend. Büsche, die
dem Wild gesicherten Unterschlupf gewähren, schießen zwischen
den gefüllten Tannenriesen empor. — Höher und höher führt der
steile Pfad. Wo eine Lichtung sich zeigt, erschließt sich dem
bewundernden Auge eine Landschaft, die immer mehr an Aus-
dehnung und Großartigkeit gewinnt. Schon tauchen fernere Berg-
ketten auf; es schimmert zwischen ihnen glänzendweiß; die ersten
Gletscher der Alpenwelt zeigen sich dem Blicke. Doch schon nimmt
der Tannenwald uns wieder auf. Auf den bemoosten Steinen
am Wege sonnen sich grünschillernde Eidechsen; das heimliche Nieder-
rauschen eines unsichtbaren Wildwassers dringt ans Ohr: ein Raub-
vogel steigt aus dem Geäst einer breitwipfeligen Kiefer auf und
streicht mit scharfem Aufschrei über das Tal hin, aus dessen Tiefe
jetzt die Dächer von Reichenhall herausschimmern, einem Städtchen,
wie aus einer Spielschachtel auf einen grünen Teppich hingestellt.
Lehr- und Lesebuch für Fortbildungs- und Sonntagsschulen. 16. Aufl. 12