1903 -
Dresden
: Schultze
- Autor: Mehner, Max
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
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Ii. Spezieller Teil.
bloß ein „Lesebuch", sondern auch ein „Lehrbuch" für die Fortbildungs-
schule zu schassen beabsichtigten.
Im Gegensatz zu diesen beiden Lesestücken vergleiche man die wunder-
schöne Darstellung eines ähnlichen Stoffes im Lesebuch für Fortbildungs-,
Fach- und Gewerbeschulen, herausgegeben von Leipziger Fortbildungsschul-
direktoren und -Lehrern (Leipzig b. Alfred bsahn), die sich auf Seite M
unter den: Titel „Dampf und Dampfmaschine" vorfindet, Hier wird in
humorvoller weise in der Form eines Trinkspruches die Vermählung des
Dampfes mit der Maschine gefeiert. Dabei werden die hervorstechendsten
Eigenschaften des Dampfes und der Dampfmaschine geschildert, geschicht-
liche Daten angeführt, die Arten der Dampfmaschinen berücksichtigt, aber
alles in einer Form, daß das Gemüt des Lesers gepackt und in seinem
Herzen eine gewisse Zärtlichkeit für die genügsame Dampfmaschine und
ihren aufbrausenden Herrn Gemahl, den Dampf, erzeugt wird. Aus dem-
selben Lesebuche kann zur Erläuterung dieser Forderung noch das Lese-
stück „Zur Geschichte des Zündhölzchens" (S. (33) herangezogen werden.
Es beginnt: „wir müssen eigentlich unter die wilden gehen, um die Zünd-
hölzchen bewundern zu lernen. Da hält der weiße Reisende im dunkelsten
Afrika, umringt von schwarzen Naturkindern, die zum ersten Male in
eines Kulturmenschen Angesicht schauen. Ohne arge Absicht zieht er eine
Schwedenschachtel hervor, um seine Tigarre anzustecken; eine leise Hand-
bewegung, und die Flamme lodert; aber siehe da! — Die schwarze Zu-
schauermenge prallt vor Entsetzen zurück und flieht mit dem Rufe: Zauber,
Zauber." Eine solche Einleitung wirkt auf das Gemüt des Lesers, so daß
er nun mit Spannung sich in die Erklärung des vermeintlichen Zaubers
vertieft.
Auf das Gemüts- und Willensleben des Lesers wirken in ganz be-
sonderer weise Darstellungen ans dem Leben solcher Männer, die sich
aus kleinen Verhältnissen zu besonderer Größe emporgearbeitet haben,
vorausgesetzt, daß er nicht etwa auf jeder Zeile die moralisierende Absicht
der Erzählung spürt. Zu diesem Zwecke ist es notwendig, daß ihm nicht
bloß der Lebensgang solcher Männer als Lesestoff geboten wird, die zu
einer schwindelnden Höhe gelangt sind, die der Schüler gewiß niemals
erreichen wird, sondern auch Biographien von Männern, die nicht
bis in unerreichbare Fernen sich emporgeschwungen haben. Bei den ersteren
aber ist, um nicht von vornherein die ethische Wirkung zu beeinträchtigen,
der Hauptwert des Stückes darauf zu legen, daß die Bedeutung des Mannes
für die gesamte menschliche Kultur ins Licht gerückt wird, so daß der Leser
den Eindruck erhält, daß jede zielbewußte, planmäßige Arbeit für die
Entwicklung der menschlichen Kultur von wert ist.