1883 -
Regensburg
: Pustet
- Autor: Schätz, Joseph
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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ässer sein. Welche Wagenmassen rollen zu seinen Thoren
hinein, vom einspännigen Lederkarren des Rheinländers bis
zum stattlichen Sechsgespann des niederdeutschen, Badner und
Würtemberger Fuhrmanns. Vor allen Gewölben, allen Nie-
derlagen stehen große Kisten und Ballen, und was der Ge-
werbfleiß vieler Städte, großer Fabrikbezirke, ganzer Länder
in gedachter Zeit geschaffen, hier findet es im Zusammenflüsse
seinen Handelsplatz. Die Fabrikanten und Gewerbsmänner
Sachsens, seine Handwerker nebelt den Fabrikanten Schlesiens,
Brandenburgs, der Rheinlande, Würtembergs und Badens
und der sächsischen Herzogtümer finden sich hier zusammen.
Selbst die Schweiz hat zahlreiche Vertreter; Frankreich mit
seilwn Modeartikeln, seinen Seidenwaren, seinen Rauchwaren;
England mit seinen gewaltigen Niederlagen wollener, baum-
wollener und Stahlwaren. Firmen, drüber und drunter,
Namen und Städte, wie sie kaum auf der Laildkarte zu finden
sind. Welches Drängen und Treiben in den ersten Wochen
einer Messe unter den Ein- und Verkäufern! Allein oder mit
einem Dolmetscher wandern sie von Niederlage zu Niederlage;
freundlich heißt man sie willkommen, hier in englischer, dort
in französischer, deutscher und italienischer Sprache. Dieser
Jude mit dem langen, seidenen Kaftan und der braunen Pelz-
mütze ist aus Polen; für mehr als 100,000 Thaler Waren
hat er schon gekauft und noch immer kann er nicht abreisen,
noch immer wartet er auf neu allkommende Waren. Ver-
gnügt reibt dieser Fabrikant die Hände, fast geleert ist seine
Niederlage und reiche Bestellungen sind für die nächste Messe
bei ihm gemacht.
Viele derartige Aufräumungen und Bestellungen, wie sie
nicht zil den Seltenheiten gehören, welches Leben bringen sie
in unsere armen Favrikgegenden! Welcher Jubel, daß die Leip-
ziger Messe „gut" ausgefallen; daher das beständige Nach-
fragen nach dem Gange der Geschäfte während der Messe.
Ein Blick in jene großeil Banquierhäuser, und wir stau-
nen über die ungeheueren Geldmassen, welche hier täglich durch
die Hände des Kassiers gehen. Welche kostbaren Schätze in
jenen großen Seidenwarcnlagern, welche Massen von Tuch,
von Leinwand, von Rauchwaren, von Leder, von wollenen und
baumwollenen Waren in den Niederlagell und Gewölben zu
ebener Erde, im ersten und zweiten Stocke! Und nun der Klein-
handel! Mehrere Hundert Buden bedecken den schönen, großen