1813 -
Leipzig
: Hinrichs
- Autor: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 5 – Tertiärbereich
39 S
Kreuzzüge.
336.
Zweite Epoche der Kreuzzüge von 1142—1187.
Doch bevor noch Jerusalem von Saladin erobert wurde,
ward der Verlust vonedessa (1142) an die Saracenen die
Veranlassung zu einer neuen großen Bewaffnung in der abend-
ländischen Christenheit. Edessa, die Hauptstadt des ersten
christlichen Fürstenthums im Oriente, galt als die Vormauer
des Königreiches Jerusalem; der Verlust dieser Stadt drohte
den Verlust der übrigen christlichen Besitzungen. Der Fall
von Edessa erregte eine allgemeine Bestürzung im Abend-
lande, und nicht vergebens rief der Papst Eugen z die Chri-
stenheit zu einem neuen Hauptzuge auf, besonders als der
Abt von Clairvaux, Bernhard, mit vollem Feuereifer da.
für wirkte, ei» Mann, der den Ruf der Heiligkeit und des
Wunderthaters für sich hatte und seinem Vorgänger, dem
Einsiedler Peter, an Talenten und Einflüße auf die Großen
weit überlegen war. Ihm gelang es, zuerst den König von
Frankreich Ludwig 7, und dann auch den König Kon-
rad 3 von Teutschland zu Speyer dafür zu begeistern. Lud-
wig hatte in einer Fehde mit dem Graf von Champagne
eine Kirche mit den darein geflüchteten Menschen niederge-
brannt; sein Gewissen trieb ihn an, diese Versündigung auf
einem Kreuzzuge abzubüßen. Der heilige Bernhard heftete
ihm im Jahre 1146 das Kreuz an, und. viele tausend Franzo-
sen folgten dem Beispiele ihres Königs, so daß Bernhard,
der doch für einen starken Vorrath von Kreuzen auf der Ver.
sammlung zu Vezelay gesorgt hatte, seine Kutte zerreißen
mußte, um das Verlangen der Menge nach der Bezeichnung
mit dem Kreuze zu befriedigen.
Zwar lehnte Bernhard, unter dem Vorwände, daß
seine Sendung noch nicht vollendet wäre, das Anerbitten ab,
den Kreuzzug anzuführen, weil ihm Peters Beispiel wahr-
scheinlich zu lebhaft vorschwebte; dieser Zug war aber der er-
ste, an welchem europäische Könige Theil nahmen. Kon-
kav führte sein Heer durch Ungarn nach Konstantinopel;
ihm folgte der König von Frankreich. So groß auch die
Masse ihrer Bewaffneten war; so^litt sie doch schon bedeu-
tend durch die Treulosigkeit des byzantinischen Kaisers Ma-