1. Bd. 2
- S. 348
1824 -
Frankfurt a. M. Leipzig
: Hinrichs
- Autor: Karl Heinrich Ludwig, Pölitz
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 5 – Tertiärbereich
Sechster Zeitraum.
seinen Theile des Rechts ausging. Von Italien kam die
Rechtswissenschaft nach Frankreich, England und Teutsch-
land, wo sie im fünfzehnten Jahrhunderte auf den meisten
Hochschulen gelehrt ward unv allmahlig zu einem ausschlie-
ßenden Gebrauche in den Gerichten gelangte. — Gleichzei-
tig mit dem römischen Rechte erhielt auch das canonische
Recht zu Bologna eine wissenschaftliche Gestalt, und ward
zum Universitatssiudium erhoben. Entschieden wirkte die
Verbreitung des römischen und canonischeu Rechts über die
Reiche germanischen Ursprungs — mit Ausnahme von Eng-
land, wo das römische Recht fast gar keinen Eingang fand,
und mit der unter Johann ohne Land gegebenen magna
charta unvereinbar war — sehr nachtheilig auf die Unter-
drückung des eigenthümlichen Charakters der teutschen Völ-
ker, auf die allmahlige Beseitigung ihres frühern einheimi-
schen Gewohnheitsrechts, und auf die Verdrängung ihrer
einfachen, an mündliche Verhandlungen und an die Aus-
sprüchefreier Schöppen gebundenen, Rechtspflege; denn nur
wenig half es, daß man um der als lästig gefühlten wei-
tern Verbreitung des römischen Rechts entgegenzuwirken,
namentlich in Teutschland, das altere Gewohnheitsrecht in
dem sogenannten Sachsenspiegel und im Schwaben-
spiegel, wahrend des dreizehnten Jahrhunderts zu sam-
meln und zu retten versuchte. Doch ist es wichtig, zu be-
merken, daß das fremdher über die Berge nach Teutsch-
land gekommene römische und canonische Recht nie durch
einen kaiserlichen oder Reichsschluß eingeführt und bestätigt
worden ist.
Für die Geschichte, welche in Chroniken nicht selten ge-
dehnt und ohne Kritik dargestellt ward, erwarben sich Ver-
dienste: Luitprand (*p nach 968), Regino (915), Wi-
tikind (Mönch zu Corvey 1004), Dithmar (Bischoff
zu Merseburg ('s 1018), Hermannus contractus
(i 1054), Lambert von Aschaffenburg (ck nach 1058),
Bruno (t nach 1082), Mari an u s Sco tu s (f- 1086),
Siegberr von Gemblours (-f 1112), und Otto von
Frey sin gen (Sohn Leopolds 4 von Oestreich 1158).