1. Bd. 4
- S. 349
1824 -
Leipzig Frankfurt a. M.
: Hinrichs
- Autor: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 5 – Tertiärbereich
Allgemeine Geschichte Europa's.
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Neapel, ein neuer Gegner, als dieser (11 Jan. 1814)
mit Oestreich ein Bündniß abschloß. In diesem Bünd-
nisse verpflichtete sich Oestreich, in Italien ein Heer von
60,000 Mann, Murat ein Heer von 30,000 Mann zu stel-
len. Oestreich übernahm die Garantie der gesammten ge-
genwärtigen Besitzungen des Königs von Neapel, und die
Verbindlichkeit, auch die Verbündeten zu dieser Garantie zu
vermögen. Beide aber garantirten sich gegenseitig die
Vertheidigung ihrer italischen Staaten, und wollten, in
Hinsicht des bevorstehenden Kampfes in Italien, die Waf-
fen nur gemeinschaftlich niederlegen. Zugleich unterhandelte
Murat mit Großbritannien, welchem er jftine ganze
Flotte und einige kleine Inseln in der Nahe seiner Haupt-
stadt überließ, wogegen ihm Großbritannien seine Besitzun-
gen garantirte, und ihm einen Zuwachs von 400,000 Men-
schen im Kirchenstaate versprach. Doch mußte Murat allen
Ansprüchen auf Sicilien entsagen. Wenn von der einen
Seite die Verbündeten, und besonders Oestreich, aus diesem
Vertrage den Vortheil zogen, daß sie ihre Hauptmassen
über den Rhein senden, und Italien nur als Seitenparthie
des Kampfes behandeln konnten; fo glanbte von der andern
Seite Murat, bei dem unsichern Standpuncte Napoleons,
durch dieses Anschließen an die Verbündeten, besonders an
die vom festen Lande und vom Meere her ihn am meisten
bedrohenden Machte, an Oestreich und Großbritannien, seine
eigene Zukunft am sichersten gedeckt zu haben, wobei ihm
wahrscheinlich der Vorgang des Kronprinzen von Schweden
vor Augen stand. Denn dieser erkämpfte damals, nach ei-
nem sehr geringen Antheile an dem Kriege in Teutschland,
mit seinem geschonten schwedischen Heere und mit den zu ihm
gestoßenen russischen und andern Heerestheilen, den Besitz
Norwegens in Holstein, und kam, nach dem ihm höchst
günstigen Frieden zu Kiel, mit dem unter ihm stehenden
Heere nicht weiter, als bis Lüttich, ohne an dem Kriege
auf dem Boden seines Vaterlandes Antheil zu nehmen. Ei-
nen ähnlichen Plan, besonders durch einige Theile des Kir-
chenstaates das Königreich Neapel zu vergrößern, ja viel-
leicht den Gedanken, als König des ganzen unter ihm