1. Bd. 1
- S. 193
1824 -
Leipzig Frankfurt a. M.
: Hinrichs
- Autor: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 5 – Tertiärbereich
Aegypten.
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zu Memphis nicht in die Prkesterkaste zu Hclropolks, so
wenig als die von Heliopolis in die von Memphis aufge-
nommen werden konnten.
Die Ursach? dieser Einrichtung lag darin, daß jeder
Tempel große Ländereien besaß, aus welchen die
Einkünfte von den Priestern, die zu demselben gehörten, be-
zogen wurden, deren Vorfahren einst diesen Tempel erbauet,
sich die benachbarten Stamme zu Unterthanen gebildet, und
diese Felder urbar gemacht hatten. Es war also ein natür-
liches Erbrecht, das um so viel weniger veräußert werden
konnte, weil es sich nicht nur auf die Einkünfte, sondern
auch auf das Gebiet jeder Priesierkolonie bezog. — Die zu
jedem Tempel gehörende Priesterschaft war wieder in sich
selbst aufs genaueste geordnet. Sie hatte einen Ober-
priester, dessen Würde ebenfalls erblich war, und die
übrigen Mitglieder waren nach ihren Geschäften unter sich
eingetheilt. Die Oberpriester standen in jedem kleinen Staate
der ägyptischen Vorzeit dem Könige am nächsten, und hatten
mit ihm beinahe gleiche Vorzüge; denn auch ihre Bildsäu-
len wurden, wie die der Könige, in die Tempel gestellt.
Selbst als Joseph in Aegypten erhoben werden sollte,
mußte er erst durch Heirath mit der Priesterkaste in Ver-
bindung treten; er heirathete (1 B. Mos. 41, 45.) die
Tochter des Oberpriesters zu O n (Heliopolis).
Die Pricsterkaste hatte alle öffentliche Aemter, alle
wissenschaftliche Kenntnisse, so weit sie bei diesem Volke
reichten, in ihrer Mitte. Nicht blos die gottesdienstlichen
Gebrauche wurden von Priestern verwaltet; sie waren auch
die ersten Staatsbeamten, Aerzte, Geschichts-
schreiber, Sterndeuter und Bau kundige. Ohne
hinreichenden Grund würde man aber diesen Priestern große
w i sse n sch a ft l i ch e Kenntnisse beilegen, worauf keine
Spur des Alterthums hindeutet, wenn sie auch den höher»
Grad ihrer Bildung, im Gegensatze des gemeinen Volkes,
als ein ausschließendes Eigenthum ihrer Kaste betrachteten,
und in ihm das Mittel fanden, das Volk in Abhängigkeit
von sich zu erhalten. Was sie an Kenntnissen und Bildung
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