1. Bd. 1
- S. 242
1824 -
Leipzig Frankfurt a. M.
: Hinrichs
- Autor: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 5 – Tertiärbereich
'¿■i'x Erster Zeitraum.
Kenntniß der Musen (Pierinnen) zu den übrigen griechischen
Völkerschaften. Mit einer Begeisterung, welche bei den
religiösen Dichtern des Alterthums keine ungewöhnliche Er-
scheinung ist, und welche die unter seinem Namen erhalte-
nen Hymnen unverkennbar bezeichnet, trat Orpheus
unter seinen Zeitgenossen auf. Sind gleich jene Ueberreste
des Alterthums nicht selbst von ihm; so bestätigen sie doch
die Vermuthung, daß er den ersten Versuch in der religiö-
sen Dichtkunst und Musik weiter verbreitete, und daß die
Nachwelt sich bei seinem Namen dankbar jener Anfange
der Kultur erinnerte. Die epische Dichtkunst ging der
lyrischen voraus; sie entlehnte ihre Stosse aus den Thaten
merkwürdiger Menschen; und indem sie die bewunderten
Helden der Vorzeit verewigte, weckte sie zugleich den Nach-
ahmungstrieb, und gab dem ganzen Volke den gerechten
Stolz auf große Vorfahren, die ihre gerührten Enkel zu
erreichen strebten. — Die Stufenfolge der ersten griechi-
schen Kultur laßt sich nach den drei Landschaften: Ly cien,
Thrakien und Jo ni en bestimmen. Der Olymp, der
das Eigenthümliche bat, daß seine Gipfel stets heiter und
hell sind, erscheint bei den griechischen Dichtern als der
erste Sitz ihrer Götter. Hier wohnten sie im ewigen Lichte.
Erst spater, nachdem Hesiodus und seine Dichterschule
in Böotien am Helikon sich niedergelassen hatten, wurden
auch der Helikon, der Par nass ns und Pindus als
Sitze der Götter geschildert. In diesen Landschaften lebten
die ersten griechischen Barden; die Cithara und Lyra ward
hier erfunden, und allem, was nachher der Geist der Grie-
chen ausschuf, die erste Gestalt angebildet. In Thessalien
und Böotien, die in folgenden Zeiten durch geistige Thätig-
keit so wenig sich ausgezeichnet haben, ist kein Quell, kein
Fluß, kein Hügel, kein Hain, der nicht durch Dichtungen be-
kannt und in ihnen verewiget wäre« Hier floß der Peneus,
hier war das reizende Tempe, hier wandelte Apoll als Schäfer,
und die Riesen thürmten ihre Berge. Am Fuße des Heli-
kons lernte noch Hesiodus seine Sagen aus dem Munde
der Musen; kurz, hier hat sich zuerst die griechische Kul-
tur einheimisch gebildet, so wie auch von hier aus die