1. Bd. 1
- S. 278
1824 -
Leipzig Frankfurt a. M.
: Hinrichs
- Autor: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 5 – Tertiärbereich
Erster ßci traimi.
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Ìcmifii; und durch den Einfluß der Musik und des Tanzes
Wohllaut, Rhythmus und Gleichmaas in ihrem äußern
Mechanismus. Keine Sprache jenseits des Indus und
Ganges hat die Biegsamkeit und den sanften Erguß der
griechischen; keine aramäische Mundart diesseits des Eu-
phrats hatte ihn in ihren ältesten Gestalten. Nur die grie-
chische Sprache ist wie durch Gesang entstanden; denn Ge-
sang und Dichtkunst und der frühe Einfluß des politischen
Lcbcns hat sie zur Musensprache der Welt gebildet. Eine
besondere Eigenthümlichkeit dieser Sprache ist der Gebrauch
v e r sch i e d e n e r Mundarten für v e r sch i e d e n e F o r-
men der Dichtkunst. Diese Mundarten, größtentheils
aus der epischen, dorischen und äolischen Sprache gemischt,
sind, in verschiedenen Schattirungen, verschiedenen Dich-
tungsarten eigen, in manchen hingegen, namentlich in der
Tragödie und Komödie, wurden sie, zur Unterscheidung
der einzelnen Theile, neben den attischen Dialekt gestellt,
der aber in der Tragödie durch höhere Farbengebung über
den Ton des gemeinen Lebens sich erhob, welcher zunächst
in der Komödie vorherrschend war. Wenn also sämmtliche
griechische Epiker dem Homer folgten; wenn Archilochus
und die Jambendichter gleichfalls den jonischen Dialekt fest-
hielten; wenn Ko ri un a ihrer vaterländischen Mundart,
der äolischen, treu blieb; so mischten Sappho und Al-
caus zu dem epischen den äolischen; Pindar aber und
die höher» Lyriker den dorischen zu dem epischen. Die Tra-
giker endlich behielten, nur im verminderten Grade, diese
Mischung in den Chorgesängen und in den metrischen Vers-
maasen der Tragödie bei, während die Komiker den eigent-
lichen Chorgesang herkömmlich behandelten.
So selten sich nun jene Umstände, unter welchen die
griechische Kultur reifte, wieder zusammenfinden werden;
so wenig das Menschengeschlecht in seine Kindheit, welche
bei den Griechen unter so glücklichen Umgebungen zur Jüng-
lingskraft gedieh, zurückgehen und einen Orpheus, Musäus,
Homer und Hcsiod von oen Todten zurückführen kann; so
wenig ist in unsern Seiten das ähnliche Emporblühen einer