1821 -
Stuttgart
: Steinkopf
- Autor: Ewald, Johann Ludwig
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
32 ■ Achtung gegen die Obrigkeit.
laßt wurden, ihm den Befehl zu ertheilen, daß er sogleich
nach Hause kommen solle. Er antwortete sogleich darauf:
„Wir haben einen großen Theil von Asien erobert, die
Barbaren in die Flucht geschlagen, und starke Aurüstrrn-
gen kn Jonien zum Kriege gemacht; da Ihr mir aber be-
fehlet zurüüzukvmmcn, so folge ich gleich diesem Briefe
nach, der euch von meinem Abmarsche benachrichtiget,
und ich würde noch vor ihm eintreffen, wenn es möglich
wäre. Ich habe das Commando nicht für mich, sondern
für mein Vaterland und dessen Bundesgenossen übernonu
men, und ich weiß, daß ein Feldherr diesen Namen nicht
verdient, und mit Wahrheit führt, wenn er sich den Ge-
setzen nicht unterwirft."
Als Trajanus das Consulat angenommen hatte,
bestieg er die Rostra (die Rednerbühne auf dem Marktplatze
in Rom), und that den feyerlichen Schwur: daß er
die Gesetze befolgen, und sich ihnen unterwerfen wolle. —
Diesen Schwur legten zwar die römischen Consuln ab,
aber die Kaiser hatten bisher, wenn sie Consuln wurden,
ihn nicht gethan. Trajanus hingegen wollte ihnen hierin
nicht nachfolgen. Er glaubte, daß dasjenige, wozu Pri-
vatpersonen verpflichtet wären, auch die Regenten nicht
unterlassen sollten. Gleich am ersten Tage kam er in den
Senat, und munterte alle Mitglieder auf, mit Freymü-
thigkeit zu reden und zu handeln, und mit ihm für das
Wohl des Staates zu wachen. Die andern Kaiser hatten
das nämliche gesagt, aber bey'm Trajanus glaubte man,
daß es ihm Ernst damit seye, und daß er es mit Aufrich-
tigkeit sage. Er wollte, daß man in den Gebeten, die
man alle Jahre am 3ten Januar zu Rom für das ^anze
Reich und Kaiser that, nach den Worten: „Gesegnet sey
unser Kaiser!" folgende Bedingung hinzusetze: „wenn er
den Staat regiert, wie er soll, und wenn er das Wohl
Aller zu befördern sucht," und in dem Gebete, das er
selber that, setzte er hinzu, „dieses, was er bitte, möge