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1. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 67

1882 - Kiel : Homann
I. Lebensbilder. 67 Lande, wo man sich in der Verlegenheit ans Überfluß gleichgültiger gegen sie benimmt. Wo anders als in der Stadt findest du den eifrigen Tanbenzüchter, der die Hälfte seines Hausbodens zu Bauplätzen für diese Tiere 'hergab und einrichtete und sein inniges Behagen dabei hat, ans der Tiefe des umniauerten Haushofes seine Blicke und Gedanken den hochaufsteigenden Seglern der Lüfte nachzuschicken. Nur in der Stadt nistet die Liebhaberei der Singvögel aller Art. Da wohnt der freundliche und sinnige Mann, der sich in seinem engummauerten Stadtgärtchen mit seiner Kunst eine Voliere eingerichtet hat, in welcher er alles, was auf der Flur und im Walde singt, 'pfeift und zwitschert, versammelte. Da sitzt er im Frühling stundenlang zwischen seinen Mauern und späht und lauscht mit Behagen dem Treiben seiner Sänger, die vor seinen Augen ihre Nester bauen und ihre Jungen ätzen. In der rauhen Jahreszeit nimmt er sie alle zu sich in die Stube wie seine Kinder, und da er sie gewöhnt hat, sogar beim Scheine seiner Abendlampe zu singen und zu pfeifen, so schafft er sich mitten im Winter einen Naturgenuß, an den der Landmann nicht einmal denkt Nur in der Stadt auch begegnest du früh morgens dem gemüt- lichen Bürger, der mit einem Tütchen sorgfältig gemischten Futters in die Anlagen geht, um die unter dem Schutze der städtischen Gesetze halb zahm gewordenen Sänger, die ihren guten Freund wohl kennen, zu ätzen. Der Landmaun weiß nicht viel von solchen zarten Empfindungen. In der Stadt ist auch die ganze Kunstgärtnerei und Blumenzucht, die so viel Schönes, in der Natur Schlummerndes geweckt und herausgebildet haben, geboren. Die hängenden Gärten in Babylon, die Rosengärten der Städte Damaskus und Schiras, die Wintergärten zu Petersburg sind in der ganzen Welt bekannt. Und tritt man in das sechs Quadratruteu große Gärtchen eines Pariser oder Londoner Stadtbürgers, wie muß man nicht erstaunen über die Liebe und Sorgfalt, mit der da die Kinder der Flora gepflegt sind. Von allen Blumen und Sträuchern der Welt hat er Pröbchen zusammengebracht Die Felsen der Gebirge hat er im kleinen nachgeahmt, auch ihre Katarakte und Seeen. Das Wasser plätschert in zierlichen Fontänen und der Wind spielt mit flatternden Fahnen, mit köstlichen Windmühlen aus lustig sich drehenden Rädern. Die, welche ein Gärtchen sich nicht verschaffen können, erziehen und pflegen im Winkel ihres Hofes ein Apfelbäumchen, oder sie be- reiten sich einen Blumenflor vor ihrem Fenster. Nur die Entbehrung flößt Verlangen und Liebe ein. Und wie die Natur in der Stadt am sorgfältigsten gepflegt wurde, so wurde sie auch von jeher dort am besten besungen. Innerhalb der Städte haben unsere zartesten Naturdichter ge- wohnt. (Brockes, Kleist, Hebel.) In mancher Hinsicht leisten auch unsere Städte ohne alle Absicht und ganz von selbst der Natur einigen Vorschub und gewähren ihr allerlei hübsche Vorteile, die sie draußen nicht genießt. In gewissem Teile haben die Städte sich ihr eigenes Klima geschaffen. Die dicht zusammengedrängten Menschen, die zahllosen Feuerstellen, der reichlich gegen den Wind gewährte Schutz, und die überall zwischen dem Gemäuer sich brechenden Sonnenstrahlen haben bewirkt, daß die Temperatur in unseren Städten gewöhnlich etwas höher steht^als auf dem platten Lande. Deshalb ergrünen an den geschützten Mauern der Städte die Bäume zuerst, und knospet und regt es sich frühzeitig in den städüschen Gärten, und während das Land noch weit und breit still, tot und öde ist, prangt unsere Stadt längst rings umher im schönsten Blütenschmuck. Von den Städten, wo er zuerst festen Fuß saßt, setzt der Frühling aus und erobert von da aus das flache Land. Iii. Iii. „Eine andere O-uelle des Genusses in den Städten bietet die Erinnerung an die Vergangenheit, an die Fülle früherer Begebenheiten, den Fortschritt und Wandel der Zeit, die sich uns bei chrem Anblick offenbart und sich bei einer Existenz in ihnen überall aufdringt, dar." 5 *
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