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1. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 84

1882 - Kiel : Homann
84 Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt. 50. Das Ägypten der Gegenwart und seine Ruinen. Ich hatte in Rom übernommen, dem Baron v. Sack als Reisebegleiter nach Ägypten und Nubien zu folgen. Gleich bei unserer Ankunft in Alexandrien entstand eine Mißhelligkeit zwischen meinem Reisegefährten und mir, welche eine entschiedene Trennung zur Folge hatte. Auf meine eigenen Hülfsmittel beschränkt, hatte ich den härtesten Kampf zu bestehen in der Wahl zwischen der Schande, unverrichteter -sache zurückzukehren und der anscheinenden Unmöglichkeit, die Reise weiter fortzusetzen. Weit entfernt von der Heimat, unter fremden Menschen, deren Sprache ich nicht verstand, und von allem entblößt, war meine Lage nicht die angenehmste. Es bedurfte eines ernsten, festen Entschlusses und diesen faßte ich, indem ich die Fortsetzung der Reise allein zu wagen beschloß. Mit meinem Zeichenbuche und ein paar Piastern Taschen- geld versehen, zog ich die Straße bewaffnet in das Innere des Landes, der Hauptstadt zu. Des Weges unkundig, schloß ich mich an eine Karawane an, die nach Kairo reiste. Dort blieb ich sechs Wochen und besuchte von da aus die Pyramiden bei Giseh. Am 20. Oktober 1818 schiffte ich auf einem Frachtschiff, welches mit einer Salzladung nach Siut bestimmt war, den Nil hinauf von einem jungen Griechen als Dolmetscher begleitet. Der Fluß war ausgetreten und sah einem ungeheuren See gleich, aus dessen Wasserfläche die höher gelegenen Dörfer hervorragten. Die Richtung und das Bett des Flusses waren schwer zu erkennen, die Fahrt daher gefährlich und nur langsam durchschnitt unser unbehülfliches Fahrzeug die andrängende Flut. Auch fuhren wir mehrmals des Tages fest und dann war der Arbeit kein Ende um das schwer beladene Schiff wieder flott zu machen. Auf dem halben Wege landeten wir bei einem reich von Palmen beschatteten Dorfe. Einzelne niedrige Häuser von Baumgrnppen beschattet, eine zierliche Moschee in der Mitte des Dorfes mit einfachen Grabmälern umgeben, dann die Menge Neu- gieriger, welche herbeilief, den fremden zu begaffen und die auf den Feldern zer- streuten Viehherden bildeten ein freundlich ländliches Gemälde. Kamele, Pferde, Kühe. Büffel, Ziegen, Schafe und Esel, alles weidete hier beisammen, buntes Haus- geflügel trieb sich darunter umher und fremdartige Vögel schaukelten sich auf dem Rücken und den Hörnern der Stiere. Vor den Hütten saßen ehrwürdige Greise mit Silberbärten, spinnende Frauen und müssige Männer. Nackte Kinder spielten neben ihren Müttern und die Doppelflöte des Hirtenknaben und das einförmige Geklapper der langbeinigen Störche unterbrach die friedliche Stille dieser Menge. Ein starker Wind trieb uns von diesem angenehmen Orte und pfeilschnell fuhren wir an den niedrigen mit Palmen und volkreichen Dörfern bedeckten Ufern hin. Wir landeten bei Manfalut. Monumente aller Art zieren diesen Ort, wo man bei jedem Schritte an das Altertum erinnert wird. Von hier aus ging die Fahrt immer langsamer. Die Gegend wurde flach und öde, wir sahen nur Wasser und gelbe Sandflächen. Der ewigen Einförmigkeit müde, beschloß ich die Reise bis Siut, der Hauptstadt Oberägyptens, zu Lande fortzusetzen. Die Landstraße war ein schmaler, etwa 2 na erhöhter Damm, welcher sich in vielen Krümmungen durch die Felder hinschlängelte und bei den Überschwemmungen die umliegenden Dörfer mit der Stadt in Verbindung setzt. In Siut besah ich die Merkwürdigkeiten der Stadt und kehrte dann an den Fluß zurück, um die Ankunft des Schiffes zu erwarten. Aber bald erfuhr ich, daß dasselbe gestrandet und unter- gegangen war. Wir benutzten daher ein Frachtschiff, welches nach Kene bestimmt, zur Abfahrt bereit war. Die Gegend oberhalb Siut fanden wir öde, und erst nach einer zweitägigen Fahrt konnte sich mein ermüdetes Auge wieder an grünen Feldern ergötzen. Hier sah ich zuerst die Fächerpalme, Dom genannt, welche der Landschaft Oberägyptens eigen- tümlich ist und als ein charakteristischer Attribut der Architektur erscheint, wie dies in Italien mit der Pinie der Fall ist. _ Nachdem ich die wauererregenden Ruinen des alten Tentyra besucht halte, setzte ich von Kene meine Reise zu Lande auf Kamelen fort. Mit Anbruchs der Nacht machten wir bei einein Dorfe Halt und gesellten uns zu andern arabischen Reisenden, die sich in einem Karawanserai! versammelt hatten. Ein einfaches Abend-
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