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1. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 129

1882 - Kiel : Homann
Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt. 129 mit großem Troß und suchten außer dem Obdach, auch die Genüsse, welche die Zeit bot, sie kauften Waren, sahen Neuigkeiten, welche ausgestellt wur- den und lachten über die Possen des wandernden Spielmannes, der mit seiner Harfe und seiner Bande herzugeeilt war. An solchen Plätzen ent- standen Aachen, Frankfurt, Ulm, Nürnberg, Goslar, Braunschweig. Seitdem im 9. Jahrhundert die Normannen von der See, die Un- garn im Süden räuberisch das offene Land durchzogen, vergaßen die Deutschen in der Not der Stunde überall die alte Abneigung gegen um- mauerte Wohnsitze. Herrenhose und Häuser der Dienstmannen, Abteien und größere Dörfer wurden befestigt, in vielen erwuchs das städtische Le- den. Was von neuen Städten um 1100 zwischen Rhein und Elbe, zwi- schen Nordsee und Donau lag, war freilich einer modernen Hauptstadt sehr unähnlich. Noch schloß der umfriedete Raum Ackerflächen und Gär- ten ein, die Mehrzahl der Einwohner waren Landbauer, welche ihre Ge- spanne aus der Stadt auf die Außenäcker führten, das Ganze zunächst eine große Dorfanlage um Kirche, Bischofshaus oder Palast. Wie auf dem Dorf galt dort das Hofrecht des Bischofs oder Königs, denn die Bürger waren Dienstpflichtige und Unfreie; unfrei vor andern fast alle Handwerker. Dazwischen saßen aber auch Freie, einzeln oder in größerer Zahl, Kaufleute, Landbesitzer der Umgegend oder fromme An- hänger der Kirche, außerdem reisige Dienstmannen ihres Herrn. Aber Freie und Unfreie waren vor fremder Gewalt gesichert, sie standen im Schutz eines mächtigen Herrn, der mild über ihnen waltete und unter den eng Zusammenlebenden bessere Ordnung zu halten vermochte. Und sie hatten Gelegenheit zu Verdienst, wie ihn das offene Land nicht bot. Ta- gesverkehr und gemeinsamer Vorteil milderte sehr bald den Gegensatz zwischen Freien und Unfreien. Denn der freie Kaufmann entnahm von dem hörigen Handwerker die Waren, Metallarbeit und wollene Gewebe und vertrieb sie mit seinen bewaffneten Knappen im Lande. Handwerk, Handel und Geldverkehr traten in enge Verbindung und gewannen dadurch einen plötzlichen Aufschwung. Der Segen der Arbeit und ihre Leben schaffende Kraft wurden dem Volke deutlich. Wer um 1100 von Köln nach Hamburg, von Augsburg nach Nürn- berg reiste, der kümmerte sich gar nicht darum, daß die eine Stadt um ein Jahrtausend älter war als die andere. Aber man merkte damals doch einen Unterschied in Aussehen, Kraft und Wohlstand zwischen den alten Römerstädten auf deutschem Boden und den neu gewordenen. Utrecht, Mainz, Köln, Trier, Regeusburg, Speier, Augsburg waren die altberühm- ten Städte des Reiches, Sitze großer Bischöfe oder alter Kaiserpfalzen; zwischen den großen Kirchen und geschwärzten Römertürmen und neben den Dienstleuten der Bischöfe hatte sich dort eine größere Zahl Freier angesiedelt; Köln war um 1100 bereits eine große Handelsstadt; Utrecht ein Mittelpunkt der flamländischen Wollenindustrie; die Zahl der steiner- nen Gebäude war größer, die Stadtmauer wahrscheinlich und besser mit Türmen und Außenwerken geschützt, das Selbstgefühl der Bürger kecker, auch ihre Freiheiten besser und ihr Vornehmen stolz. Aber obgleich sie Ahreus, Lehr- und Lesebuch für Fortbildungsschulen. 9
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