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1. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 211

1882 - Kiel : Homann
Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt. 211 Der Friede zu Osnabrück und Münster brachte dem zum Tode erschöpften dmtschen Bolke endlich Erlösung von den Leiden und Drangsalen dreißigjähriger Kriegs- not. Aber in welchem Zustande ließ er Deutschland zurück? Das Reich war nach außen geschwächt und verkleinert durch die nunmehr förmlich anerkannte und ausge- sprochene Abtrennung zweier wichtigen Vorlande des Reiches, der Niederlande und der Schweiz, vor allem aber durch den Verlust des Elsaß, dieser starken Vormauer Deutschlands gegen Westen. Sein Ansehen war dahin, denn die innere Zerrissen- heit und die daraus entspringende Ohnmacht war aller Welt offenkundig gewor- den. Der Naüonalgeist und der Gemeinsinn waren fast bis auf die letzte Spur ver- schwunden. Dazu die materielle Not und Verwüstung. Es wird behauptet, daß Deutschland mindestens die Hälfte, wo nicht zwei Dritteile seiner Bewohner verloren habe und daß mehr als drei volle Menschenalter die Lücken der Bevölkerung nicht auszufüllen vermocht hätten. Für das ganze Deutschland mag vielleicht diese Behauptung übertrieben sein; für einzelne besonders hart von der Kriegs- furie betroffene Gegenden bleibt sie noch weit unter der Wahrheit. In Thüringen und Franken waren in 19 Dörfern von 1773 Familien noch 316 übrig geblieben. In Wllrtemberg waren angeblich im Jahre 1641 von 400009 Einwohnern noch 48000, in Frankenthal von 18000 noch 324, in Hirschberg von 900 noch 60 übrig. Augsburg hatte sonst 80000 Einwohner, jetzt nur noch 18000. Im Naffauischen gab es Onschaften, die bis auf eine oder zwei Familien andere, die gänzlich ausgestorben waren. In Brandenburg und Schlesien sah man mehr Wild als Bauern. Auf viele Meilen waren oft weder Menschen noch Vieh zu finden. Die Felder blieben unbebaut, weil es an dem nötigen Zugvieh fehlte, oder weil die Besitzer entflohen waren. Und diejenigen, welche den Krieg überlebt hatten, waren von der erlittenen Not so sehr geschwächt, daß sie ttaurig hinsiechten oder doch keinen Mut und keine Kraft zur Arbeit hatten. Der Wohlstand war auf lange, lange Zeit ruiniert. Nicht nur fehlten die Arbei- ter, lagen die Werkstätten in Asche, sondern Gewerbfleiß und Handel war auch in andere Hände gekommen. Manche Zweige des Kunstfleißes z. B. die Töpferei, die Arbeiten der Gold und Silberschmiede, der Kunstschlofferei haben noch kaum die Stufe der Ausbildung wieder erreicht, die sie vor dem dreißigjährigen Knege hatten. Die Oberdeutschen standen nun weit hinter Italienern und Schweizern, die Niederdeutschen hinter Engländern und Niederländern zurück. So war der materielle, so der sittliche und politische Zustand Deutschlands nach dem Kriege beschaffen. Doch war es eine gute Vorbedeutung, daß in Nürnberg, wo 1650 ein kaiserlicher Kommissar die letzte Ausgleichung der Parteien betrieb, wo die letzten Gefangenen freigegeben wurden, und endlich die Friedenssonne heiter aus den langen Nebeln aufstieg, — plötzlich alle Knaben sich auf Steckenpferde setzten und dem grauen Verräter Octavio Picolomini (denn das war der Kommissär) ihren heiteren Gruß brachten, was durch eine Denkmünze verewigt wurde. Deutschland hatte alles verloren, nur nicht seine Jugend, seine Zukunft. Prof. Dr. Biedermann. Deutschlands trübste Zeit. 93. Der Feld- und Gartenbau im 16. und 17. Jahrhundert. Aller Civilisation Anfang und bleibendes Fundament, der Ackerbau, zeigte sich bei uns in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in raschem Vorschritt begriffen. Der geistige Aufschwung, welcher während der Refor- mationsperiode die ganze Nation erfaßte, blieb auch für die Landwirtschaft nicht unfruchtbar. Wir bemerken bald, daß Anfänge einer verständigeren Behandlung von Feld und Wald zu Tage treten. Man sah ein, daß auch der Bauer bildungsfähig und bildungsbedürftig sei. Daher entstanden Volksschulen, die freilich infolge des Bauernkriegs meistens wieder ge- waltsam unterdrückt wurden. Der deutsche Bauer jedoch, nachdem er der 14*
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