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1. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 345

1882 - Kiel : Homann
Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt. 345 breiten Rücken des Kniebis, 972 m, genießt man eine herrliche Fernsicht über Vogesen und Alpen, über den Schwarzwald und Schwaben bis an die Tyrolerberge. In seinem Bereich liegt der geheimnisvolle Mummelsee. In der Mitte ist das fischlose Becken grundlos; oft hängen sich Nebel an seinen Rand und bei stürmischer Witterung ist unterirdisches Murren und Aufstrudeln wahrzunehmen. Daraus erklärt sich, daß der See Mittel- punkt vieler Sagen geworden: namentlich Hausen dort Seefräulein, die den Bewohnern der Nachbardörfer oft hülfreich an die Hand gehen und im Mondlicht ihren luftigen Reigen um den See schlingen. Sie hüten auch wohl die Heilquellen, die um den Kniebis sprudeln. Die landschaftliche Physiognomie des Schwarzwaldes bietet eine drei- fache Gestalt. Die Vorberge, das Rheinthal entlang, prangen in reichster Vegetation mit Laubwaldung, Obsthainen und Rebengarten. Dort gedeiht der schöne Markgräfler, in den Vorthälern die gute Kastanie und die Walnuß in besonderer Güte. Hinter diesen Vorbergen, auf der Mittel- region erfüllt sich des Dichters Wort: — „Der Schwarzwald steht voll finstrer Tannen" — da ziehen sich die prächtigen Tannenforste hin, die dem Gebirge den Namen gegeben haben. In den Thalgründen treten auch Buche, Birke, Esche und Ahorn auf und die duftenden Wiesen schmückt der üppigste Graswuchs. Die höchste Region bilden kahle Gipfel und Hochebenen, wo kümmerlich etwas Hafer und Kartoffeln gedeihen. Einer der rauhesten Teile, der noch angebaut ist, heißt der Dobel. Auf dieser Höhe, 728 m, liegt ein kleines Pfarrdorf gleiches namens. Niedrige Hütten mit Schindeldächern, kahle Ebenen, auf denen keine Obstbäume, sondern nur verkrüppelte Birken wachsen, kalte Winde mitten im Sommer und halbnackte Kinder, die vor den armseligen Hütten spielen, das sind Züge, welche das Klima dieser Gegend und die Armut ihrer Bewohner kennzeichnen. Wenn man eine recht rauhe Gegend bezeichnen will, da pflegt man zu sagen: „Wie auf dem Dobel im Schwarzwald". Die Schwarzwälder, mit denen wir hauptsächlich durch Auerbach's „Dorfgeschichten" so vertraut geworden, sind ein tüchtiger, lieber Menschen- schlag , voll herzlicher Gutmütigkeit, munter und voll Lebenslust und doch wieder der ernsten und geheimnisvollen Seite der Dinge geheimnisvoll zugewandt. Treu hängt der Schwarzwälder an dem Glauben seiner Kirche, ja um den Glauben schlingt sich wuchernd der Aberglaube. Das Volk um die Bergseeen herum glaubt noch an allerlei Kobolde, Elfen, Nixen, Wasser- und Berggeister. Mit diesen Überbleibseln altgermanischen Glaubens bevölkert die Phantasie der Schwarzwälder Hain, Fels und Busch, Sumpf und See. In den dunkeln Tannenbäumen, welche die Häuser beschatten, hausen die Kobolde und man soll sich ja nicht unter- stehen, einen solchen Baum zu fällen; wer es wagt, kann sich ein unheil- bares Übel zuziehen. Es giebt unter ihnen aber auch sehr gefällige und dienstfertige Kobolde, die, wenn man sie in Ehren hält, allerlei Gutes in der Haushaltung stiften, die Butter frisch erhalten, Milch und Eier vermehren, das Brot schmackhaft machen und die leeren Honigtöpfe wieder füllen.
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